Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen. Grundsätzlich darf die Hauptsache durch die Entscheidung nicht vorweggenommen werden.
1. Anordnungsanspruch
Es muss ein materiell-rechtlicher Anspruch begründet sein, auf den das Begehren des Antragstellers gestützt werden kann.
Bei Ermessensentscheidungen muss eine Reduzierung des Ermessens auf Null gegeben sein.
2. Anordnungsgrund
Der Anordnungsgrund betrifft nach allgemeiner Auffassung die Frage der Eilbedürftigkeit bzw. Dringlichkeit. Die Eilbedürftigkeit ist gegeben, wenn dem Antragsteller die Änderung des bisherigen Zustandes (§ 86 b SGG – einstweilige Maßnahmen
(1) …
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 86 b Abs. 2 S. 1 SGG) oder dessen Aufrechterhaltung (§ 86 b SGG – einstweilige Maßnahmen
(1) …
(2) … Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG) in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann.
Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unter Berücksichtigung der drohenden Rechtsverletzungen zumutbar ist. Ein eiliges Regelungsbedürfnis sollte glaubhaft gemacht werden. Folgende Erwägungen werden zum Anordnungsgrund getroffen:
- Es muss eine Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (vgl. www.lareda.hessenrecht.hessen.deLandessozialgericht Hessen vom 18. März 2011, L 7 AS 687/10 B ER).
Urteil des LSG Hessen vom 18. März 2011, L 7 AS 687/10 B ER, Rdnr. 19 Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert.
- Selbsthilfemöglichkeiten müssen fehlen. So kann zum Beispiel der Einsatz eigenen Vermögens gefordert werden (vgl. dazu eine Entscheidung des www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.deLandessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 28. März 2011, L 5 KR 20/11 B ER).
Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 28. März 2011, L 5 KR 20/11 B ER, Rdnr. 11 Der Einsatz des Vermögens ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch zumutbar. Denn für den Fall, dass sie im Hauptsacheverfahren unterliegt, wäre sie verpflichtet, die im Rahmen der Anordnung von der Antragsgegnerin vorgestreckten Zahlungen dieser zu erstatten … .
- Der Anordnungsgrund ist die glaubhaft gemachte Eilbedürftigkeit. Für zurückliegende Zeiträume ist die Annahme einer Eilbedürftigkeit problematisch (www.sozialgerichtsbarkeit.deLandessozialgericht Bayern vom 17. Januar 2011, L 11 AS 889/10):
Urteil des LSG Bayern vom 17. Januar 2011, L 11 AS 889/10 Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht.
- Auch für die Zukunft darf ein Anordnungsgrund nur bis zum Zeitpunkt einer möglichen Neuentscheidung der Behörde geltend gemacht werden (www.openjur.deOVG Münster vom 12. April 2001, 16 B 269/01).
Urteil des OVG Münster vom 12. April 2001, 16 B 269/01, Rdnr. 9 Für die Möglichkeit, entsprechend der ständigen Rechtsprechungspraxis im Land Nordrhein-Westfalen positive Eilentscheidungen im Sozialhilferecht auf die Zeit bis zum Ende des Entscheidungsmonats zu erstrecken, lassen sich Erwägungen der Rechtsschutzeffizienz anführen; die behördliche Praxis, in Fällen längerfristiger Sozialhilfebedürftigkeit in aller Regel vorab monatsweise die benötigte Hilfe zu gewähren, beruht im Übrigen auf demselben Prinzip.
3. keine Vorwegnahme der Hauptsache
Grundsätzlich darf mit der Entscheidung über die Hauptsache die Angelegenheit nicht vorweggenommen werden.
Eine „echte“ Vorwegnahme liegt aber nur vor, wenn die Maßnahme nachträglich tatsächlich nicht mehr für die Vergangenheit korrigiert werden kann. Zu beachten ist, dass der Grundsatz des Verbotes der Vorwegnahme der Hauptsache jedenfalls dann nicht gilt, wenn es um die Abwehr unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteile geht.
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