Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

  • Startseite
    • Allgemeines Sozialrecht – Übersicht
    • Bürgergeld (SGB II) – Übersicht
    • Schwerbehindertenrecht – Übersicht
    • Sozialversicherungsrecht – Übersicht
    • Grundsicherung im Alter/Sozialhilfe – Übersicht
    • Kindergeld und Elterngeld – Übersicht
    • Familienunterhalt / Elternunterhalt – Übersicht
    • Vorsorge, Betreuung, Unterbringung – Übersicht
    • Stichwortverzeichnis
  • Kontakt
Startseite  Allgemeines Sozialrecht - Übersicht  3. SGG

Die einstweilige Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG

26.11.2018, aktualisiert am 19.01.2023

VG Wort - ZählpixelDer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen. Grundsätzlich darf die Hauptsache durch die Entscheidung nicht vorweggenommen werden.

1. Anordnungsanspruch2. Anordnungsgrund3. keine Vorwegnahme der Hauptsache

1. Anordnungsanspruch

Es muss ein materiell-rechtlicher Anspruch begründet sein, auf den das Begehren des Antragstellers gestützt werden kann.
 
Bei Ermessensentscheidungen muss eine Reduzierung des Ermessens auf Null gegeben sein.

2. Anordnungsgrund

Der Anordnungsgrund betrifft nach allgemeiner Auffassung die Frage der Eilbedürftigkeit bzw. Dringlichkeit. Die Eilbedürftigkeit ist gegeben, wenn dem Antragsteller die Änderung des bisherigen Zustandes (§ 86 b SGG – einstweilige Maßnahmen
 
(1) …
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 86 b Abs. 2 S. 1 SGG
) oder dessen Aufrechterhaltung (§ 86 b SGG – einstweilige Maßnahmen
 
(1) …
(2) … Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG
) in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann.

Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unter Berücksichtigung der drohenden Rechtsverletzungen zumutbar ist. Ein eiliges Regelungsbedürfnis sollte glaubhaft gemacht werden. Folgende Erwägungen werden zum Anordnungsgrund getroffen:

  • Es muss eine Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (vgl. Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.lareda.hessenrecht.hessen.deLandessozialgericht Hessen vom 18. März 2011, L 7 AS 687/10 B ER).
    Urteil des LSG Hessen vom 18. März 2011, L 7 AS 687/10 B ER, Rdnr. 19

    Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert.

  • Selbsthilfemöglichkeiten müssen fehlen. So kann zum Beispiel der Einsatz eigenen Vermögens gefordert werden (vgl. dazu eine Entscheidung des Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.deLandessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 28. März 2011, L 5 KR 20/11 B ER).
    Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 28. März 2011, L 5 KR 20/11 B ER, Rdnr. 11

    Der Einsatz des Vermögens ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch zumutbar. Denn für den Fall, dass sie im Hauptsacheverfahren unterliegt, wäre sie verpflichtet, die im Rahmen der Anordnung von der Antragsgegnerin vorgestreckten Zahlungen dieser zu erstatten … .

  • Der Anordnungsgrund ist die glaubhaft gemachte Eilbedürftigkeit. Für zurückliegende Zeiträume ist die Annahme einer Eilbedürftigkeit problematisch (Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.sozialgerichtsbarkeit.deLandessozialgericht Bayern vom 17. Januar 2011, L 11 AS 889/10):
    Urteil des LSG Bayern vom 17. Januar 2011, L 11 AS 889/10

    Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht.

  • Auch für die Zukunft darf ein Anordnungsgrund nur bis zum Zeitpunkt einer möglichen Neuentscheidung der Behörde geltend gemacht werden (Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.openjur.deOVG Münster vom 12. April 2001, 16 B 269/01).
    Urteil des OVG Münster vom 12. April 2001, 16 B 269/01, Rdnr. 9

    Für die Möglichkeit, entsprechend der ständigen Rechtsprechungspraxis im Land Nordrhein-Westfalen positive Eilentscheidungen im Sozialhilferecht auf die Zeit bis zum Ende des Entscheidungsmonats zu erstrecken, lassen sich Erwägungen der Rechtsschutzeffizienz anführen; die behördliche Praxis, in Fällen längerfristiger Sozialhilfebedürftigkeit in aller Regel vorab monatsweise die benötigte Hilfe zu gewähren, beruht im Übrigen auf demselben Prinzip.

3. keine Vorwegnahme der Hauptsache

Grundsätzlich darf mit der Entscheidung über die Hauptsache die Angelegenheit nicht vorweggenommen werden.

Eine „echte“ Vorwegnahme liegt aber nur vor, wenn die Maßnahme nachträglich tatsächlich nicht mehr für die Vergangenheit korrigiert werden kann. Zu beachten ist, dass der Grundsatz des Verbotes der Vorwegnahme der Hauptsache jedenfalls dann nicht gilt, wenn es um die Abwehr unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteile geht.

mehr zum Thema:


Den Beitrag oben liste ich mit 14 weiteren Beiträgen zum SGG unter 3. auf der folgenden Übersichtsseite auf:
  • Allgemeines Sozialrecht in StichwortenAllgemeines Sozialrecht - Übersicht

    1. SGB I – Allgemeiner Teil ... | 2. SGB X – Sozialverwaltungsverfahren ... | 3. SGG – Sozialgerichtsgesetz ... | 4. Gebühren und Kosten ... | 5. Wohngeld ... | 6. ... ... | mehr


Die folgenden Beiträge beschäftigen sich mit weiterführenden Fragen zum Thema Allgemeines Sozialrecht in dem oben genannten Zusammenhang:
  • rotes Buch mit Aufschrift Sozialrecht und Paragraf Einstweiliger Rechtsschutz (Eilrechtsschutz) im sozialgerichtlichen Verfahren

    ... der Eilrechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren hat eine besondere Bedeutung, da ein Abwarten in der Hauptsache oft nicht zugemutet werden kann ... ... | mehr

  • Gerichtssymbol Gerichtsgebäude  Der richtige Antrag beim Eilrechtsschutz in …

    ... aus § 86 b Abs. 1 und Abs. 2 SGG ergeben sich die korrekten Anträge bei sozialgerichtlichen Eilverfahren ... | 1. Anfechtung ... | 2. Vornahme ... ... | mehr

  • Wirkung des Widerspruchs und der Klage gegen einen Änderungsbescheid im Sozialrecht, §§ 86 a und b SGG 1 Wirkung des Widerspruchs und der Klage …

    ... nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG hat ein Änderungsbescheid, der die laufende Leistung herabsetzt oder entzieht, keine aufschiebende Wirkung ... ... | mehr


Auch über das Stichwortverzeichnis finden Sie Links zu den jeweiligen Beiträgen:
  • Sozialrecht in StichwortenStichwortverzeichnis - Sozialrecht in Stichworten

    Mit einem Klick auf das Stichwort oder den Paragrafen gelangen Sie zu einer Übersicht der Beiträge die das Stichwort oder den Paragrafen enthalten ... ... | mehr


 
Frage

Schreiben Sie einen Kommentar,
fragen/antworten Sie! Antworten abbrechen

Erforderliche Felder sind nur der (Spitz-)name und die E-Mail-Adresse. Ihre E-Mail-Adresse veröffentliche und nutze ich nicht. Bitte stellen Sie eine Frage in dem richtigen Zusammenhang! Bitte verschaffen Sie sich durch die Übersichtsseiten und das Stichwortverzeichnis einen Überblick, zu welchem Beitrag die Frage passt. Ich werde nicht alle Fragen beantworten können.



p.s.: Ich bin leider gezwungen, eine Frage bzw. einen Kommentar manuell freizuschalten. Dies kann einige Tage dauern. Andernfalls würden die Beiträge „in Spam versinken“.

roter Würfel mit Paragraf

Rechtsanwalt Sönke Nippel
Kippdorfstraße 6-24
42857 Remscheid
 
Telefon: 0 21 91 / 46 00 876
 

ZUM IMPRESSUM
 
ZUR DATENSCHUTZERKLÄRUNG
  Ende