Das Bürgergeld löst Hartz 4 ab.
Was wird sich ändern?
Manches war umstritten:
Ca. 6 Wochen nach Erstellung des vorliegenden Beitrages am 13. Oktober zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022 nahm der Bundestag den Vermittlungsvorschlag des Vermittlungsausschusses vom 23. November 2022 an und der Bundesrat stimmte dem „Bürgergeld-Gesetz“ zu. Bundesrat und Bundestag verabschiedeten das Gesetz zum Bürgergeld am 25. November 2022 (Bundestag: 557 Ja-Stimmen bei 98 Nein-Stimmen). Zuvor war das Gesetz zur Einführung des Bürgergeldes am 14. November 2022 im Bundesrat gescheitert.
Die Änderungen des schließlich verabschiedeten Gesetzes gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022 habe ich nachfolgend kurz eingearbeitet und farblich markiert.
Die Regelungen des SGB II sollen sowohl gemäß dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bürgergeld vom 10. Oktober 2022 als auch nach dem schließlich beschlossenen Gesetz zum Bürgergeld weiter gelten. Das SGB II und weitere Gesetze werden allerdings in einigen Punkten geändert:
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines Bürgergeldes (Drucksache 20/3873) beschreibt zunächst unter A. auf den Seiten 1 und 2 die Problemstellungen und die Ziele des Gesetzentwurfes.
Unter B. werden ab Seite 3 bis 7 Lösungen für folgende Punkte vorgestellt:
- Änderung der Fortschreibung der Regelbedarfe
- Einführung des Bürgergeldes
- Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen
- Verbesserungen bei der Vermögensfreistellung
- Erhöhte Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende, Auszubildende
und Erwachsene - Weiterentwicklung des Eingliederungsprozesses, …
- Ganzheitliche Betreuung
- Abschaffung des Vermittlungsvorrangs …
- …
Anschließend beschreibt der Gesetzentwurf Alternativen (C.), Haushaltsausgaben (D.), den Erfüllungsaufwand und weitere Kosten (E. und F.).
Ab Seite 10 des Gesetzentwurfes werden die beabsichtigten Änderungen des SGB II sowie weiterer Gesetze ab Seite 24 im Einzelnen benannt (Anlage 1). Es folgen eine Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates sowie eine Stellungnahme der Bundesregierung (Anlagen 2 und 3, Seiten 125 ff. und 137).
Die grundsätzliche Weitergeltung des SGB II wird auch in dem schließlich auf die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 23. November 2022 am 25. November 2022 verabschiedeten Gesetz zum Bürgergeld nicht infrage gestellt.
Regelbedarf
Der Entwurf der Bundesregierung sah vor, dass sich der Regelbedarf erhöhen soll. Der Entwurf wurde diesbezüglich nicht geändert.
Die Rede ist von einer Erhöhung um 53 € (11,75 %) von 449 € auf 502 € in der Regelbedarfsstufe 1 (vgl. Artikel 5 des Gesetzentwurfes zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen zu § 134 Fortschreibung der Regelbedarfsstufen zum 1. Januar 2023 (Entwurf)
(1) …
(2) Die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Bedarfe nach § 34 Absatz 3 für das Jahr 2023 beträgt 11,75 Prozent. Die Anlage zu § 34 ist zum 1. Januar 2023 zu ergänzen.
(Link: zum Text des Entwurfs hier im Internetauftritt)§ 134 SGB XII des Entwurfs in Verbindung mit der Anlage (zu § 28) Regelbedarfsstufen
nach § 28 in Euro
Regelbedarfsstufe 1 …
ab Jan. 2023 502 € …
ab Jan. 2022 449 € …
ab Jan. 2021 446 € …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)Anlage zu § 28 SGB XII, S. 34 f. des Entwurfes).
Dies dürfte sich ungefähr im Rahmen eines Inflationsausgleiches bewegen. Der Ausgleich dürfte verfassungsrechtlich zumindest in Höhe der Inflation geboten sein.
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung genannten Änderungen des Regelbedarfes wurden vom Bundestag und Bundesrat am 25. November 2022 bestätigt.
anrechnungsfreies Vermögen
Darüber hinaus beabsichtigte die Bundesregierung, innerhalb einer Karenzzeit von zwei Jahren ab Erstbezug von Bürgergeld bzw. Hartz 4 einen wesentlich höheren Vermögensfreibetrag einzuführen. Die Rede ist von einem Schonbetrag in Höhe von 60.000 € bzw. in Höhe von 30.000 € für jede weitere Person (vgl. Gesetzentwurf zu § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen (Entwurf)
…
(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von zwei Jahren ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. …
(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 60 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie …
(Link: zum Text des Entwurfs hier im Internetauftritt)§ 12 Abs. 3 und 4 SGB II des Entwurfs, Seite 15).
Gemäß § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen (Entwurf)
…
(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. …
(Link: zum Text des Entwurfs hier im Internetauftritt)§ 12 Abs. 2 S. 1 SGB II des Entwurfs soll ab 2023 nach Ablauf der Karenzzeit für jede Person einer Bedarfsgemeinschaft ein Vermögensfreibetrag in Höhe von 15.000 € gelten. Nicht ausgeschöpfte Freibeträge sollen in der Bedarfsgemeinschaft übertragbar sein, § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen (Entwurf)
…
(2) … . Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.
(Link: zum Text des Entwurfs hier im Internetauftritt)§ 12 Abs. 2 S. 2 SGB II des Entwurfs des Gesetzesentwurfes.
Ein 30-jähriger Hilfesuchender hat ein Vermögen in Höhe von 60.000 €.
Bis Dezember 2022 galt, dass ein Vermögen je nach Lebensalter in Höhe von 150,00 € pro Lebensjahr nicht eingesetzt werden muss. Das bedeutet für einen 30-Jährigen nach heutiger Rechtslage, dass er 4.500 € Vermögen z. B. auf einem Sparbuch haben darf (30 Lebensjahre x 150,00 €). Hat er mehr, muss er darauf verwiesen werden, erst sein Vermögen bis zu dem Schonbetrag in Höhe von 4.500,00 € zu verbrauchen, bevor er Leistungen erhalten kann. Erst in ferner Zukunft – nach Verbrauch von 55.500 € – darf der 30-jährige nach geltender Rechtslage Leistungen erhalten.
Sollte der Gesetzentwurf der Bundesregierung verabschiedet und verkündet werden, kann der 30-jährige Hilfesuchende innerhalb von zwei Jahren nach Erstbezug der Leistungen ein Vermögen von 60.000 € haben. Er darf nicht darauf verwiesen werden, erst sein Vermögen zu verbrauchen.
Erst nach Ablauf der Karenzzeit von zwei Jahren soll der 30-Jährige gemäß dem Gesetzentwurf darauf verwiesen, sein Vermögen über 15.000 € zu verbrauchen.
Bestätigt wurde schließlich am 25. November 2022, dass während der Karenzzeit von einem Jahr Erspartes unter 40.000 Euro nicht aufgebraucht werden muss. Für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft steigt diese Grenze auf 15.000 Euro an.
Nach der Karenzzeit werden die Freibeträge auf 15.000 Euro angehoben.
angemessene Unterkunft
Bis Dezember 2022 mussten lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft ersetzt werden. Es gelten „Angemessenheitsgrenzen“ hinsichtlich der Größe einer Wohnung sowie auch für die Kosten einer Wohnung. So darf die Größe des Wohnraums für eine Person 50 m² und für jede weitere Person zusätzlich 15 m² nicht überschreiten. Die Kosten werden anhand von Mietspiegeln „gedeckelt“.
Ist die Wohnung zu groß oder zu teuer, muss das Jobcenter eine „Kostensenkungsaufforderung“ erlassen. Die Kostensenkungsaufforderung hat zum Inhalt, dass sich der Bedürftige eine kleinere oder günstigere Wohnung suchen muss. Geschieht dies nicht innerhalb einer zu setzenden Frist von zumeist sechs Monaten, werden ab Verstreichen der Frist nur noch die gemäß den geltenden Regelungen angemessenen Kosten ersetzt.
Die Angemessenheitsgrenzen sollten gemäß dem Entwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022 beim Bürgergeld ebenfalls innerhalb einer Karenzzeit von zwei Jahren wegfallen (vgl. Gesetzesentwurf zu Änderungen zu § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung (Entwurf)
(1) … Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze eingefügt:
„Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gilt eine Karenzzeit von zwei Jahren ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; …
(Link: zum Gesetzesentwurf hier im Internetauftritt)§ 22 SGB II des Entwurfs, Seite 19). Im Ergebnis kann ein Bedürftiger so statt bisher ein halbes auch zwei Jahre in einer bisher als zu groß und/oder zu teuer geltenden Wohnung bleiben, ohne fürchten zu müssen, dass er die Miete nicht mehr zahlen kann. Bestätigt wurde im Ergebnis eine einjährige Karenzzeit.
Bestätigt wurde durch Bundesrat und Bundestag am 25. November 2022 im Ergebnis eine einjährige Karenzzeit, innerhalb derer die Angemessenheitsgrenzen nicht bzw. nur eingeschränkt gelten. Bis zur Gesetzesänderung galt eine „Karenzzeit“ von einem halben Jahr.
Sanktionen
Sanktionen sollten gemäß dem Entwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022 wegfallen bzw. neu geregelt werden.
Der Begriff „Sanktionen“ soll durch u. a. durch das Wort „Leistungsminderungen“ ersetzt werden (Art 12 zu § 51 b SGB II des Gesetzentwurfes). Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von November 2019 soll umgesetzt werden (Gesetzesentwurf zu A. am Ende, Seite 2 des Entwurfes).
Sanktionen bleiben nun ab dem ersten Tag in Form von Leistungsentzug möglich.
Freibeträge vom Einkommen
Ab dem 1. Juli 2023 gelten höhere Freibeträge auf das erzielte Einkommen gemäß § 11 b Absetzbeträge
…
(3) … Dieser beläuft sich
1. …
2. für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und …
3. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 11 b Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB II neuer Fassung. Die Freibeträge (Absetzbeträge) auf das Einkommen werden ab einem Hinzuverdienst von 520,00 € bis 1000,00 € auf 30 % erhöht. Ansonsten bleibt es bei den bisherigen Einkommensgrenzen und Absetzbeträgen. Bisher gilt ein Absetzbetrag von 20 % bei Einnahmen aus Erwerbstätigkeit von 100 bis 1.000 Euro, § 11 b Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB II alter Fassung.
Höhere Absetzbeträge sollen bereits ab Januar 2023 insbesondere für Auszubildende und Studierende gelten (die allerdings „eigentlich“ gar keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben), § 11 b Absetzbeträge
…
(2 b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 520 Euro von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und
1. eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
2. eine nach …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 11 b Abs. 2 b SGB II neuer Fassung.
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