§ 12 SGB II – zu berücksichtigendes Vermögen
§ 12 SGB II regelt, in welchem Umfang Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung nach § 9 SGB II zu berücksichtigen und wie dessen Wert zu ermitteln ist.
Das Bürgergeld hat Anfang 2023 Hartz 4 abgelöst.
Die Bundesregierung beabsichtigte zunächst, innerhalb einer Karenzzeit von zwei Jahren ab Erstbezug von Bürgergeld bzw. Hartz 4 einen wesentlich höheren Vermögensfreibetrag einzuführen. Die Rede war von einem Schonbetrag in Höhe von 60.000 € bzw. in Höhe von 30.000 € für jede weitere Person (vgl. § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen im Entwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022, Drucksache 20/3873, Seite 16).
In der Neufassung des SGB II nach Einschaltung des Vermittlungsausschusses wurden schließlich Schonbeträge in Höhe von 40 000 Euro und 15 000 Euro beschlossen, § 12 Abs. 4 S. 1 SGB II. Die zunächst für einen Zeitraum von 2 Jahren vorgesehene Karenzzeit wurde auf ein Jahr reduziert, § 12 Abs. 3 S. 1 SGB II .
- (1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind
- 1. angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
- 2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
- 3. für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
- 4. weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
- 5. ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als
Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,“ - 6. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens
gefährdet würde sowie - 7. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.
- (2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.
- (3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.
- (4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen.
- (5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
§ 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
- (1) Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
- (2) Vom Vermögen sind abzusetzen
- 1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen,
- 1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind,
- 2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet,
- 3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt,
- 4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.
Bei Personen, die
- 1. vor dem 1. Januar 1958 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 750 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 48 750 Euro,
- 2. nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 900 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 49 500 Euro,
- 3. nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 10 050 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 50 250 Euro
nicht übersteigen.
- (3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
- 1. angemessener Hausrat,
- 2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person,
- 3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist,
- 4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,
- 5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken von Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
- 6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend.
- (4) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.
I. Gesetzentwurf vom 5. September 2003
Erläuternd führt der Gesetzentwurf vom 5. September 2003 (Bundestagsdrucksache 15/1516) zu § 12 auf Seite 53 aus:
Zu § 12 (Zu berücksichtigendes Vermögen)
Die Vorschrift regelt die Berücksichtigung von Vermögen im Wesentlichen wie das bisherige Recht der Arbeitslosenhilfe. Neben dem altersabhängigen Grundfreibetrag, mindestens aber 4 100 Euro für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinen Partner, wird nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen („Riester-Anlageformen“) eigenständig und ohne Obergrenze privilegiert. Das Altersvorsorgevermögen wird nicht auf den Grundfreibetrag angerechnet. Hinzu kommt ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen. Der Freibetrag korrespondiert mit der Konzeption der Regelleistung, die künftig alle pauschalierbaren Leistungen im Rahmen der von der Regelleistung zu deckenden Bedarfe umfasst. Da davon ausgegangen wird, dass der Leistungsberechtigte aus dieser Regelleistung Ansparungen für größere Anschaffungen, wie z. B. für Haushaltsgeräte oder den Wintermantel, erbringt, müssen diese Ansparungen konsequenterweise bei der Vermögensanrechnung unberücksichtigt bleiben. Nicht als Vermögen sind zu berücksichtigen angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug für jeden Erwerbsfähigen der Bedarfsgemeinschaft, ein …
…
II. Begründung der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 10. Oktober 2022 zur Einführung des Bürgergeldes, der wie oben beschrieben im Vermittlungsausschuss geändert wurde, enthält zur Einführung der Karenzzeit und der Anhebung der Vermögensschonbeträge eine umfangreiche Begründung (vgl. S. 78 bis 81 des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, Drucksache 20/3873):
Zu Nummer 12
§ 12
Die Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung werden im Zusammenhang mit der Einführung des Bürgergeldes neu gefasst und entbürokratisiert. Eine Karenzzeit von zwei Jahren soll dazu beitragen, dass sich Bürgergeldberechtigte zunächst keine Sorgen um ihr ggf. Erspartes (und im Zusammenhang mit der gleichlautenden Karenzzeit bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung auch um ihr Zuhause) machen müssen.
Mit der Einführung der Karenzzeit wird ein bewährtes Element der Sonderregelungen zum erleichterten Zugang zu Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch während der Corona-Pandemie verstetigt.
Mit der Karenzzeit wird insbesondere auch ein Anreiz geschaffen, innerhalb der Karenzzeit den Leistungsbezug durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens wieder zu verlassen. Zudem werden Härten abgefedert, die nach Wegfall des Erwerbseinkommens beziehungsweise dem Auslaufen des Anspruches auf Arbeitslosengeld entstehen können, wenn der Lebensunterhalt plötzlich voll durch das vorhandene Vermögen bestritten werden muss.
Seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat sich gezeigt, dass insbesondere die mit der Bedürftigkeitsprüfung verbundene Prüfung, ob das selbst bewohnte Hausgrundstück oder die selbst bewohnte Immobilie von angemessener Größe ist, zu besonderen Belastungen führt. In der Folge liegt der Fokus bislang auf der Verwertung – oder der Sorge um die Verwertung – der Immobilie und nicht auf der Umsetzung der Strategie zur Eingliederung in Arbeit. Ist eine Immobilie bislang als Vermögen zu berücksichtigen, ist zudem ein hoher Verwaltungsaufwand die Folge. Leistungen sind in diesem Fall als Darlehen zu erbringen (§ 24 Absatz 5 SGB II), und häufig sind derartige Entscheidungen auch Gegenstand von Rechtsstreiten. Innerhalb der Karenzzeit wird daher das selbst bewohnte Hausgrundstück oder die selbst bewohnten Eigentumswohnung unabhängig von der Größe nicht als Vermögen berücksichtigt und damit auch nicht in die Berechnung des erheblichen Vermögens einbezogen. Im Verhältnis zu anderen Vermögensgegenständen berücksichtigt diese Entscheidung, dass insbesondere Immobilien häufig nicht sofort frei zur Bestreitung des Lebensunterhalts verfügbar sind. Bei einer Überwindung der Hilfebedürftigkeit bestünde sonst die Gefahr, dass die Verwertung der Immobilie bereits eingeleitet ist.
Nach Ablauf der Karenzzeit werden die Freibeträge im Vergleich zum bisherigen Recht erhöht und gleichzeitig weitgehend vereinfacht. Die Freistellung bestimmter Vermögensgegenstände wird zudem verbessert und damit gleichzeitig eine deutliche Verwaltungsvereinfachung erzielt. Im Einzelnen:
Absatz 1
Absatz 1 regelt die Berücksichtigung von Vermögensgegenständen. Satz 1 entspricht dem bisherigen Absatz 1. Satz 2 bestimmt die Vermögensgegenstände, die vollständig von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen werden. Im Einzelnen:
Nummer 1 entspricht dem bisherigen Absatz 3 Satz 1 Nummer 1. Der bisherige Absatz 3 Satz 2, nach dem die Lebensumstände während des Leistungsbezugs für die Beurteilung der Angemessenheit maßgeblich sind, ist in die Nummer 1 integriert worden, weil nach der Neufassung des Katalogs freigestellter Gegenstände an keiner weiteren Stelle eine Angemessenheitsprüfung erforderlich ist.
Nummer 2 entspricht dem bisherigen Absatz 3 Satz 1 Nummer 2; allerdings wird die Angemessenheit des Verkehrswertes des KfZ künftig vermutet, sofern die Antragstellerin oder der Antragsteller dies bei Antragstellung erklärt. Damit entfällt künftig die regelhafte Angemessenheitsprüfung, was zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung führt.
Nummer 3 übernimmt ein Element aus der Praxis der Jobcenter während der Geltung des vereinfachten Zugangs zu den Grundsicherungssystemen. Sofern Bürgergeldberechtigte für ihre Altersvorsorge Versicherungsverträge abgeschlossen haben, ist es nicht zweckmäßig, dass diese wegen einer möglicherweise nur vorübergehenden Phase des Leistungsbezugs aufgelöst werden. Zudem kann ihre Verwertung in Einzelfällen unwirtschaftlich sein. Deshalb wird neu geregelt, dass für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge künftig vollständig von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen werden. Dazu gehören auch alle Versicherungsverträge in der Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 79 – Drucksache 20/3873 nach Bundesrecht ausdrücklich geförderten Altersvorsorge („Riester“). In dieser kann es zudem auch andere Formen als Versicherungsverträge geben (zum Beispiel Banksparpläne). Auch diese sind – wie bisher – vollständig geschützt.
Nummer 4 übernimmt ebenfalls ein Element aus der Praxis der Jobcenter während der Geltung des vereinfachten Zugangs. Selbständige unterliegen nicht in jedem Fall der Pflicht, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe, zum Beispiel einem Versorgungswerk für freie Berufe, zu leisten. Soweit sich hauptberuflich Selbständige im Sinne des § 5 Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht freiwillig in den genannten Systemen versichern, besteht keine verlässliche Alterssicherung in diesem Sinne und es werden keine Beiträge entrichtet. Daher sind diese Selbständigen gehalten, auf anderem Weg für ihr Alter vorzusorgen. Sofern diese Selbständigen für ihr Alter im Rahmen von Versicherungsverträgen oder anderen nach Bundesrecht geförderten Altersvorsorgeanlagen vorsorgen, greift der Schutz nach Nummer 3. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass Selbständige häufig andere Formen der Altersvorsorge wählen (insbesondere Fondssparpläne, Wertpapierdepots oder Bargeld). Um hier für einen angemessenen Ausgleich zu sorgen, wird für diese Personengruppe die Möglichkeit geschaffen, Altersvorsorgevermögen in angemessener Höhe unabhängig von der Anlageform zu schützen. Als angemessen wird ein Betrag angesehen, der sich an der Beitragszahlung zur allgemeinen Rentenversicherung bei einem Verdienst in Höhe des Durchschnittsentgelts orientiert. Dazu wird auf den im Zeitpunkt der Antragsstellung gültigen Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung und das letzte verfügbare endgültige Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 des Sechsten Buches abgestellt. Der sich ergebende Betrag wird auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet. Für das Jahr 2023 ergibt sich damit auf Grundlage der aktuell vorliegenden (noch vorläufigen) Daten ein Betrag von 8.000 Euro. Die Berechnungsgrundlage hat sich während des vereinfachten Zugangs bewährt und wird in die gesetzliche Regelung überführt. Durch die Bezugnahme auf die Rechengrößen nach dem Sechsten Buch ist gleichzeitig eine Fortschreibung des Betrages sichergestellt. Durch die Neuregelung werden grundsätzlich alle hauptberuflich Selbständigen berücksichtigt und nicht wie in der bisherigen Regelung nur die von der Rentenversicherungspflicht befreiten Gruppen. Eine ergänzende Anwendung der Härtefallregelung nach der bisherigen Nummer 6 für einen Teil der Selbständigen ist damit nicht mehr erforderlich. Es gilt für alle hauptberuflich Selbständigen eine einheitliche Regelung.
Nummer 5 schafft eine großzügigere Behandlung selbst genutzter Immobilien bei der Vermögensprüfung. Bereits nach bisherigem Recht waren selbst genutzte Hausgrundstücke von angemessener Fläche sowie entsprechende Eigentumswohnungen nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Die Freistellung von der Vermögensberücksichtigung bezweckt dabei nicht den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern den Erhalt des Wohnraums zur Erfüllung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ und als einen räumlichen Lebensmittelpunkt. Dieser Schutzgedanke wird für die Zeit nach Ablauf der neuen Karenzzeit effektiver ausgestaltet.
Selbst genutzte Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen sind nach bisherigem Recht von der Vermögensberücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung ausgenommen, soweit sie von angemessener Fläche sind, ohne dass das Gesetz dieses Merkmal bislang definierte. Die Rechtsprechung hat insoweit auf die Grenzwerte des außer Kraft getretenen II. Wohnungsbaugesetzes zurückgegriffen. Nunmehr werden die Grenzwerteausdrücklich gesetzlich verankert und zugleich moderat erhöht. In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere Einfamilienhäuser häufig eine Größe von über 130 Quadratmetern aufweisen. Danach ergeben sich Angemessenheitsgrenzen von 140 Quadratmetern Wohnfläche für Hausgrundstücke und 130 Quadratmetern für Eigentumswohnungen. Auf die Festlegung einer Angemessenheitsgrenze bezogen auf die Grundstücksfläche wird dabei verzichtet, weil sich angesichts der bundesweiten Unterschiede etwa zwischen innerstädtisch und ländlich gelegenen Grundstücken keine einheitlichen Maßstäbe finden lassen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bleibt es allerdings bei der Wohnfläche als alleinigem Angemessenheitskriterium. Der tatsächliche Wert einer Immobilie wird wie nach bisherigem Recht nicht in die Betrachtung einbezogen.
Mit der Neuregelung werden die Angemessenheitsgrenzen zudem teilweise von der Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner entkoppelt. Zwar werden die Angemessenheitsgrenzen (wie nach der Rechtsprechung auch bislang schon) bei mehr als vier Bewohnerinnen und Bewohnern für jede und jeden weiteren um jeweils 20 Quadratmeter erhöht. Wiederum in Anlehnung an das II. Wohnungsbaugesetz findet eine Verringerung der Angemessenheitsgrenze bei weniger als vier Bewohnerinnen und Bewohnern dagegen nicht mehr statt. Leistungsberechtigten soll im Interesse des Schutzes des Grundbedürfnisses „Wohnen“ ihr bisheriger räumlicher Lebensmittelpunkt in diesen Fällen auch dann erhalten bleiben, wenn ein Hausgrundstück beziehungsweise eine entsprechende Eigentumswohnung beispielsweise allein aufgrund des Auszugs von Kindern oder des Todes der Partnerin oder des Partners Drucksache 20/3873 – 80 – Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode plötzlich „zu groß“ wird. Dies berücksichtigt auch die Rechtslage in der früheren Arbeitslosenhilfe sowie bei Einführung des SGB II, wonach die geltenden Werte für einen Vierpersonenhaushalt auch dann nicht reduziert wurden, wenn die tatsächliche Anzahl der Bewohner geringer war. Die Reduzierung des Angemessenheitswertes bei weniger als vier Personen wurde durch die Rechtsprechung entschieden. Diese Festlegung wird nunmehr wieder aufgegeben, um dem Ziel der verbesserten Vermögensberücksichtigung Rechnung zu tragen.
Ob die Angemessenheitsgrenzen gegebenenfalls zu erhöhen sind, richtet sich – wie auch schon nach bisherigem Recht – nach den Verhältnissen während des Leistungsbezugs (siehe § 12 Absatz 5 Satz 2). Eine Erhöhung der Angemessenheitsgrenzen findet also nur statt, wenn während des maßgeblichen Leistungsbezugs mehr als vier Bewohnerinnen und Bewohner vorhanden sind. Unerheblich ist dagegen weiterhin, ob vormals mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung bewohnt haben und seinerzeit die Angemessenheitsgrenzen gewahrt waren. Bei entsprechend großen Familien, insbesondere solchen mit vielen Kindern, kann davon ausgegangen werden, dass ein späterer Umzug der Eltern von vornherein – ohne Berücksichtigung eines möglichen späteren Leistungsbezugs – in Betracht gezogen werden musste, weil auf der Hand lag, dass das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung nach einem Auszug der Kinder „zu groß“ sein würde.
Nummer 6 entspricht der bisherigen Regelung in § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung.
Nummer 7 entspricht teilweise der bisherigen Regelung in § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung. Bisher galt die Prüfung der Unwirtschaftlichkeit der Verwertung eines Vermögensgegenstandes. Anwendungsfall in der Praxis war die Bewertung von Altersvorsorgeverträgen, die nunmehr vollständig von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen werden. Die Teilvorschrift kann daher entfallen und führt zudem zu einer Verwaltungsvereinfachung durch die wegfallende Prüfpflicht.
Absatz 2
Durch die Neufassung der Regelungen zu den freigestellten Vermögensgegenständen können die bisherigen Freibeträge für die nach Bundesrecht geförderte Altersvorsorge (die im Ergebnis ohnehin zu einer vollständigen Freistellung führten) und zur Freistellung von Verträgen mit Verwertungsausschluss (die nach Absatz 3 Satz 1 schon mangels Verwertbarkeit nicht zu berücksichtigen sind) entfallen. Die verbleibenden Freibeträge (Grundfreibetrag je Lebensalter 150 Euro und Zusatzfreibetrag 750 Euro) werden zusammengefasst und gleichzeitig erhöht.
Künftig gilt ein Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro je Person in der Bedarfsgemeinschaft. Aus dem bislang geltenden Freibetrag von 150 Euro pro Lebensjahr, multipliziert mit dem Regelalter für den Eintritt in die Altersrente ergab sich bislang ein Höchstfreibetrag von 10.050 Euro. Im Hinblick auf die Vereinbarung der die Bundesregierung tragenden Parteien, das Schonvermögen zu erhöhen, erfolgt eine Erhöhung um 50 Prozent im Verhältnis zum bisherigen altersbedingten Höchstbetrag.
Der Freibetrag wird unabhängig vom Lebensalter eingeräumt. Das berücksichtigt, dass der Betrag im Verhältnis zu den relativ großzügigen Maßstäben in den ersten zwei Jahren, die ebenfalls unabhängig vom Lebensalter gesetzt sind, deutlich geringer ist. Zum anderen wird die Vermögensprüfung durch die Festlegung eines konkreten Wertes erheblich vereinfacht.
Der Freibetrag wird zwar personenbezogen eingeräumt, aus Vereinfachungsgründen wird aber die Übertragung von nicht ausgenutzten Freibeträgen zugelassen. Das ergibt im Ergebnis eine bedarfsgemeinschaftsbezogene Betrachtung des Vermögens, die zugleich eine Vereinfachung der Berechnung und Erhöhung des Schonvermögens darstellt.
Absatz 3
Absatz 3 enthält eine besondere Regelung für die Vermögensberücksichtigung während der Karenzzeit.
Satz 1 regelt die Länge der Karenzzeit, die zwei Jahre beträgt. Die Länge der Karenzzeit berücksichtigt, dass in dieser Zeit eine baldige Eingliederung und Überwindung der Hilfebedürftigkeit eher wahrscheinlich ist. Die Karenzzeit muss auch deshalb ausreichend lang sein, damit in der Zeit an erforderlichen Eingliederungsmaßnahmen belastungsfrei teilgenommen werden kann. Es würde eine Hürde für die Teilnahme an einer längeren Maßnahme darstellen, wenn während der Teilnahme ein Wohnungswechsel erforderlich werden würde.
In der Karenzzeit können sich die Leistungsberechtigten auf die Eingliederung in Arbeit und die Überwindung der Hilfebedürftigkeit konzentrieren, ohne ihr vorhandenes, nicht erhebliches Vermögen für den Lebensunterhalt Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 81 – Drucksache 20/3873 einsetzen zu müssen. Deshalb wird in der Karenzzeit Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Die Karenzzeit wird ab Beginn des Monats gerechnet, für den die Betroffenen erstmals Bürgergeld beziehen. Unterbrechungen des Leistungsbezugs führen nach Satz 3 zu einer Verlängerung der Karenzzeit; ansonsten könnte eine kalendermäßig ablaufende Karenzzeit eine Hürde für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darstellen. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Buch bezogen worden sind. Maßgeblich ist auch insoweit der Beginn des Monats, für den (erneut) Leistungen bezogen werden. Mit der neu beginnenden Karenzzeit ist auch ein zusätzlicher Anreiz verbunden, eine neu aufgenommene, bedarfsdeckende Erwerbstätigkeit beizubehalten.
Absatz 4
Absatz 2 regelt die Vermögensberücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung während der Karenzzeit. Wie während der Geltung des erleichterten Zugangs zu den Grundsicherungssystemen aufgrund der COVID-19-Pandemie ist Vermögen in der Karenzzeit nur zu berücksichtigen, wenn es erheblich ist. Aus Gründen der Rechtsvereinfachung wird geregelt, dass vermutet wird, dass das Vermögen nicht erheblich ist, wenn dies im Antrag erklärt wird. Sofern die Vermutungsregel greift, ist keine Vermögensprüfung durchzuführen.
Erheblich ist ein Vermögen, wenn es in der Summe 60 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 30 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt. Für die Erheblichkeit wird die während der Geltung der Regelungen zum erleichterten Zugang zu den Grundsicherungssystemen aus Anlass der COVID-19-Pandemie angewandte Grenze für erhebliches Vermögen übernommen. Eine Übertragung nicht ausgenutzter Beträge zwischen den Personen in der Bedarfsgemeinschaft ist möglich.
Wie bei der Vermögensberücksichtigung nach Ablauf der Karenzzeit werden die in Absatz 1 Satz 2 aufgeführten Vermögensgegenstände nicht berücksichtigt. Um das Ziel einer belastungsfreien Karenzzeit zu erreichen, ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung nicht zu berücksichtigen. Wie bei der Vermögensprüfung nach Ablauf der Karenzzeit und wie im bisherigen Recht ist der Wert der Immobilien nicht Gegenstand der Vermögensprüfung. Liegt erhebliches Vermögen vor, werden für die dann durchzuführende Vermögensprüfung die Freibeträge nach Absatz 2 durch die während der Karenzzeit erhöhten Beträge ersetzt.
Absatz 5
Absatz 5 entspricht der bisherigen Regelung in § 12 Absatz 4 Satz 1 und 2. Der bisherige Satz 3, nach dem wesentliche Änderungen des Verkehrswertes zu berücksichtigen sind, wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht übernommen. Damit werden die Jobcenter von der Prüfung entlastet, ob sich der Wert der zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände (z. B. Aktien) möglicherweise im Laufe des Bewilligungszeitraums so positiv entwickelt, dass die geltenden Vermögensfreibeträge überschritten werden. Dies führt aber nicht zwangsläufig zu höheren Leistungsansprüchen. Sofern die Freibeträge nur knapp unterschritten werden und sie durch eine Wertsteigerung der berücksichtigten Vermögensgegenstände im Lauf des Bewilligungszeitraumes überschritten werden könnten, kann das Jobcenter den Bewilligungszeitraum im Einzelfall nach § 41 Absatz 3 Satz 2 SGB II verkürzen.
In den folgenden Beiträgen habe ich § 12 SGB II angesprochen:
Bürgergeld-Rechner – Bürgergeld online berechnen
... erst ermitteln Sie mit dem Bürgergeld-Rechner den Gesamtbedarf, dann ziehen Sie anrechenbares Einkommen vom Gesamtbedarf ab, Vermögen ist einzusetzen ...
... | mehr
Das angemessene Auto beim Bürgergeld
... der Wert des Kraftfahrzeuges sollte 7.500,00 € nicht übersteigen, kann allerdings höher liegen, solange die Gesamtfreibeträge nicht ausgeschöpft werden ...
... | mehr
Altersvorsorge beim Hartz IV und beim Bürgergeld
... Hartz-IV: Altersvorsorgeschonvermögen von 750,00 € pro Lebensjahr ... | Bürgergeld: keine Berücksichtigung von Versicherungsverträgen zur Altersvorsorge ...
... | mehr
„Einkommen“ und „Vermögen“ im SGB II und im SGB XII
... zahlreiche Fragestellungen ranken um die zentralen Begriffe Einkommen und Vermögen ... | I. Einkommen ... 1. Einkommensbegriff ... 2. ... | II. Vermögen ...
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Übertragung von ungenutzten Grundfreibeträgen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 a SGB II auf die Eltern
... gemäß § 12 Abs. 2 SGB II können ungenutzte Grundfreibeträge z. B. beim Sparvermögen nicht auf die Eltern übertragen werden ...
... | mehr
Schenkung einer Eigentumswohnung während des Bezugs von Arbeitslosengeld II
Schenkung einer Eigentumswohnung während des Bezugs von Arbeitslosengeld II... | ... mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ...
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Angemessenheit der Größe einer Eigentumswohnung und Angemessenheit der Kosten
Rechtsprechung und Vorschriften zur Angemessenheit der Größe einer Eigentumswohnung und zur Angemessenheit der Kosten gemäß § 12 SGB II und § 22 SGB II ...
... | mehr
Anrechenbares Vermögen bei der Berechnung des Bürgergeldes – Verwertbarkeit, Absetzbeträge, Schonvermögen
... bei der Berechnung von Bürgergeld zu berücksichtigendes Vermögen ... | 1. Verwertbarkeit ... | 2. Absetzbeträge ... | 3. Schonvermögen ...
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