Ende 2023 lebten in Deutschland rund 7,9 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung (GdB ≥ 50) – das sind etwa 9,3 % der Bevölkerung. Die Mehrzahl der Beeinträchtigungen ist krankheitsbedingt.
Bundesweite Bestandszahlen bis Ende 2023 (Destatis-Mitteilungen); Detailtabellen der älteren Fachserien/GBE enden teils 2021. Landesdaten (z. B. NRW) liegen 2023/2024 vor. Historische Diagramme bleiben zur Entwicklung erkennbar und sind entsprechend gekennzeichnet.
1. allgemeine Daten
Nach aktuellen Veröffentlichungen lebten Ende 2023 rund 7,9 Mio. schwerbehinderte Menschen in Deutschland. Damit stieg die Zahl gegenüber 2022 um rund 67 000 Personen. Etwa 40 % der Schwerbehinderten sind im erwerbsfähigen Alter (15–64). Hauptursachen sind Krankheiten, gefolgt von angeborenen Beeinträchtigungen und Unfall-/BK-Folgen.
Die Altersstruktur bleibt prägend: Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil schwerbehinderter Menschen deutlich an. Der Behinderungsbegriff richtet sich weiterhin nach § 2 Abs. 1 S. 2 SGB IX.

Die unterschiedliche Ausprägung der Zahl der schwerbehinderten Menschen nach Altersgruppen überrascht zunächst. Eine Behinderung soll doch nach der Definition in § 2 Abs. 1 S. 2 SGB IX vorliegen, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Der für das Lebensalter typische Zustand ist also im Vergleich mit anderen Menschen aus der Altersgruppe zu ermitteln. Dass hier innerhalb der Altersgruppen eklatant verschiedene Anteile bei der Schwerbehinderung vorliegen, ist meines Erachtens erklärungsbedürftig.
Die Aufschlüsselung der Zahl der schwerbehinderten Menschen im Jahr 2017 nach dem Grad der Behinderung ergibt sich aus dem folgenden Diagramm:

Bei 2,6 Millionen Menschen wurde ein Grad der Behinderung von 50 festgesetzt. 1,8 Millionen Menschen hatten einen Grad der Behinderung von 100. Insgesamt gab es 2017 7,76 Millionen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von zumindest 50 in Deutschland.
2. Daten zum Verwaltungsverfahren
Statistiken zu der Zahl der Verwaltungsverfahren werden nur auf Länderebene geführt, da die Zuständigkeiten in der Versorgungsverwaltung nicht bundeseinheitlich geregelt sind.
Deshalb kann hier zur Darstellung der Zahlen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nur auf Daten der Länder zurückgegriffen werden. Beispielhaft wurde Nordrhein-Westfalen als Datengrundlage gewählt. Allerdings konnte ich auch für Nordrhein-Westfalen statistische Daten nur in einem Bericht an den Landtag (PDF) aus dem Jahr 2013 finden (Bericht an den Landtag – Erfahrungen mit der Übertragung der Aufgaben nach den §§ 69 und 145 SGB IX auf die Kreise und kreisfreien Städte gem. § 2 Abs. 4 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter).
Im Rahmen des SGB IX wurden bei den Versorgungsämtern des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2013 insgesamt 523.230 Anträge gestellt (Erst- und Änderungsverfahren sowie Nachprüfungen, s. o. Bericht an den Landtag, Seite 6). Die Anträge setzten sich wie folgt zusammen:

Ende 2023 hatten in Nordrhein-Westfalen 1,94 Mio. Menschen einen gültigen Schwerbehindertenausweis; das entspricht 10,7 % der Bevölkerung. In etwa 94 % der Fälle ist die schwerste Behinderung krankheitsbedingt.
Quelle: IT.NRW, Pressemitteilung vom 06.06.2024.
3. Zahl der Widerspruchsverfahren
Die Zahl der in Nordrhein-Westfalen gegen Entscheidungen der Versorgungsämter erhobenen Widersprüche stieg von 2010 bis 2013 leicht an. Von 2010 bis 2013 wurden regelmäßig ca. 100.000 Bescheide durch Widerspruch angefochten.
Gemäß dem oben bereits angesprochenen Bericht an den Landtag wurden 2013 99.256 Widersprüche registriert. Im Jahr 2013 sollen dann 62.238 ablehnende Widerspruchsbescheide erlassen worden sein. Die Abhilfequote lag gemäß dem Bericht bei 32,19 % (s. o., Bericht an den Landtag NRW, Seite 14):

An der hohen und steigenden Abhilfequote von im Landesschnitt ca. 30 % zeigt sich, dass ein erheblicher Teil aller Anträge zunächst nicht korrekt beschieden und erst später berichtigt wird. Ein Teil dieser Abhilfebescheide (rund 5.400 pro Jahr) ergeht erst nach Weisung der Fachaufsichtsbehörde, wenn z. B. der kommunale Aufgabenträger die bestehenden Abhilfemöglichkeiten nicht erkannt oder die von der Fachaufsicht zusätzlich für erforderlich gehaltene Sachverhaltsaufklärung zu einer positiven Beurteilung des Widerspruchsbegehrens geführt hat.
4. Zahl und Dauer der Klageverfahren
Hinweis: Die nachfolgenden Diagramme zeigen die historische Gerichtsstatistik (2017/2018). Neuere Fachserien zur Justizstatistik werden seitens Destatis anders veröffentlicht; eine laufende Fortschreibung für das Sachgebiet „Schwerbehindertenrecht“ erfolgt hier, sobald konsolidierte Tabellen verfügbar sind.
Das Schwerbehindertenrecht nahm 2017 mit rund 12 % aller Erledigungen (44.127 von insgesamt 354.590) in der Rechtsprechung der deutschen Sozialgerichte einen zahlenmäßig breiten Raum ein. Mit durchschnittlich rund 17.000 erledigten Streitverfahren jährlich ist es – nach Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie Renten- und Krankenversicherung – das viertstärkste Rechtsgebiet bei den Sozialgerichten.

Anderes gilt und galt in Nordrhein-Westfalen. Sowohl 2013 als auch 2017 wies das Sachgebiet „Feststellung der Schwerbehinderung nach dem SGB IX“ – nach „SGB II/BKGG“ – die höchsten Eingangszahlen auf:

Von insgesamt 44.127 Erledigungen vor deutschen Sozialgerichten im Sachgebiet Schwerbehindertenrecht wurden im Jahr 2017 nur 2.937 (= 7 %) durch Urteil erledigt. Meist kam es zur Klagerücknahme (17.808 = 40 %), zum Anerkenntnis (9.613 = 22 %) oder zur übereinstimmenden Erledigung (6.571 = 15 %):

Die meisten Verfahren (13.523 = 31 % von 44.127) im Sachgebiet Feststellung der Schwerbehinderung nach dem SGB IX wurden 2017 nach 6 bis 12 Monaten erledigt. Mehr als die Hälfte der Verfahren (= 51 %) konnte innerhalb von 12 Monaten erledigt werden. Die durchschnittliche Dauer der Klageverfahren zum Schwerbehindertenrecht 2017 betrug 15,4 Monate.

Die durchschnittliche Dauer der Klageverfahren zum Schwerbehindertenrecht im Jahr 2018 betrug 14,6 Monate. Insgesamt konnten 2018 41.485 Verfahren erledigt werden. Die Verfahrensdauer der durch Urteil erledigten Verfahren lag mit durchschnittlich 25,5 Monaten deutlich über dem Gesamtdurchschnitt; lediglich 2.695 Verfahren endeten durch Endurteil.

5. Häufige Fragen
Wie viele schwerbehinderte Menschen gibt es aktuell?
Ende 2023 rund 7,9 Mio. (≈ 9,3 % der Bevölkerung). Quellen: Destatis-Mitteilungen 2024; ergänzend Landesdaten (z. B. IT.NRW 06.06.2024).
Warum weichen ältere Diagramme von heutigen Zahlen ab?
Ältere Fachserien (bis 2018/2021) bilden frühere Stände ab. Sie sind hier als „historisch“ markiert; aktuelle Bestandszahlen sind zusätzlich im Text ergänzt.
6. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Grad der Behinderung und Statistischen Daten:
§ 2 SGB IX
- Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE-Bund): Tabellen zu Bestandszahlen & GdB-Verteilungen (historische Zeitreihen bis ca. 2018/2021).
- Statistisches Bundesamt (Destatis): Fachserie 10, Reihe 2.7 „Sozialgerichte“ (2017/2018; Mitteilungen 21.08.2018 und 16.09.2019).
- IT.NRW: Pressemitteilung vom 06.06.2024 (NRW-Bestandszahlen 2023).
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