
7.766.573 schwerbehinderte Menschen lebten 2017 in Deutschland.
1. allgemeine Daten
Von 1985 bis 2017 hat sich die Zahl der schwerbehinderten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland von 5,4 auf 7,8 Millionen um ca. 45 % erhöht. Insbesondere in der Altersgruppe ab 65 Jahre und älter stieg der Anteil der schwerbehinderten Menschen sehr stark an.

Die unterschiedliche Ausprägung der Zahl der schwerbehinderten Menschen nach Altersgruppen überrascht zunächst. Eine Behinderung soll doch nach der Definition in § 2 Begriffsbestimmungen
(1) … Eine Beeinträchtigung nach S. 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB IX vorliegen, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Der für das Lebensalter typische Zustand ist also im Vergleich mit anderen Menschen aus der Altersgruppe zu ermitteln. Dass hier innerhalb der Altersgruppe eklatant verschiedene Anteile bei der Schwerbehinderung vorliegen, ist meines Erachtens erklärungsbedürftig.
Die Aufschlüsselung der Zahl der schwerbehinderten Menschen im Jahr 2017 nach dem Grad der Behinderung ergibt sich aus dem folgenden Kreisdiagramm:

Bei 2,6 Millionen Menschen wurde ein Grad der Behinderung von 50 festgesetzt. 1,8 Millionen Menschen hatten einen Grad der Behinderung von 100. Insgesamt gab es 2017 7,76 Millionen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von zumindest 50 in Deutschland.
2. Daten zum Verwaltungsverfahren
Statistiken zu der Zahl der Verwaltungsverfahren werden nur auf Länderebene geführt, da die die Zuständigkeiten in der Versorgungsverwaltung nicht bundeseinheitlich geregelt sind.
Deshalb kann hier zur Darstellung der Zahlen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nur auf Daten der Länder zurückgegriffen werden. Beispielhaft wurde Nordrhein-Westfalen als Datengrundlage gewählt. Allerdings konnte ich auch für Nordrhein-Westfalen statistische Daten nur in einem Bericht an den Landtag (PDF-Format) aus dem Jahr 2013 finden (Bericht an den Landtag – über die Erfahrungen mit der Übertragung der Aufgaben nach den §§ 69 und 145 des Sozialgesetzbuchs IX auf die Kreise und kreisfreien Städte gem. § 2 Abs. 4 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen).
Im Rahmen des SGB IX wurden bei den Versorgungsämtern des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2013 insgesamt 523.230 Anträge gestellt (Erst- und Änderungsverfahren sowie Nachprüfungen, s. o. Bericht an den Landtag, Seite 6). Die Anträge setzten sich wie folgt zusammen:
3. Zahl der Widerspruchsverfahren
Die Zahl der in Nordrhein-Westfalen gegen Entscheidungen der Versorgungsämter erhobenen Widersprüche stieg von 2010 bis 2013 leicht an. Von 2010 bis 2013 wurden regelmäßig ca. 100.000 Bescheide durch Widerspruch angefochten.
Gemäß dem oben bereits mehrfach angesprochenen Bericht an den Landtag wurden 2013 99.256 Widersprüche registriert. Im Jahr 2013 sollen dann 62.238 ablehnende Widerspruchsbescheide erlassen worden sein. Die Abhilfequote lag gemäß dem Bericht bei 32,19 % (s. o., Bericht an den Landtag NRW, Seite 14):
In dem Bericht an den Landtag heißt es dann auf S. 14 f. weiter:
An der hohen und steigenden Abhilfequote von im Landesschnitt ca. 30 % zeigt sich, dass ein erheblicher Teil aller Anträge zunächst nicht korrekt beschieden und erst später berichtigt wird. Ein Teil dieser Abhilfebescheide (rund 5.400 pro Jahr) ergeht erst nach Weisung der Fachaufsichtsbehörde, wenn z. B. der kommunale Aufgabenträger die bestehende Abhilfemöglichkeiten nicht erkannt oder die von der Fachaufsicht zusätzlich für erforderlich gehaltene Sachverhaltsaufklärung zu einer positiven Beurteilung des Widerspruchsbegehrens geführt hat.
4. Zahl und Dauer der Klageverfahren
Das Schwerbehindertenrecht nahm 2017 mit rund 12 % aller Erledigungen (44.127 von insgesamt 354.590) in der Rechtsprechung der deutschen Sozialgerichte einen zahlenmäßig breiten Raum ein. Von den Gerichten gibt es statistische Daten des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Mit durchschnittlich rund 17.000 erledigten Streitverfahren jährlich ist es im Hinblick auf erledigte Verfahren – nach der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie der Renten- und Krankenversicherung – das viertstärkste Rechtsgebiet bei den Sozialgerichten.

* ohne Verfahren Zusatz- und Sonderversorgung der neuen Länder
Anderes gilt und galt in Nordrhein-Westfalen. Sowohl im Jahr 2013 als auch im Jahr 2017 wies das Sachgebiet „Feststellung der Schwerbehinderung nach dem SGB IX“ nach dem Sachgebiet „SGB II und BKGG“ die höchsten Eingangszahlen auf:

* ohne Verfahren Zusatz- und Sonderversorgung der neuen Länder
Von insgesamt 44.127 Erledigungen vor deutschen Sozialgerichten im Sachgebiet Schwerbehindertenrecht wurden im Jahr 2017 nur 2.937 (= 7 %) durch Urteil erledigt. Meist kam es zur Klagerücknahme (17.808 = 40 %), zum Anerkenntnis durch den Leistungsträger (9.613 = 22 %) oder zur übereinstimmenden Erledigungserklärung (6.571 = 15 %):

Die meisten Verfahren (13.523 = 31 % von 44.127) im Sachgebiet Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung nach dem SGB IX wurden im Jahr 2017 nach 6 bis 12 Monaten erledigt. Mehr als die Hälfte der Verfahren (= 51 %) konnte innerhalb von 12 Monaten erledigt werden. Die durchschnittliche Dauer der Klageverfahren zum Schwerbehindertenrecht im Jahr 2017 betrug 15,4 Monate.

Die durchschnittliche Dauer der Klageverfahren zum Schwerbehindertenrecht im Jahr 2018 betrug 14,6 Monate. Insgesamt konnten im Jahr 2018 41.485 Verfahren erledigt werden. Die Verfahrensdauer der durch Urteil erledigten Verfahren lag mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 25,5 Monaten wesentlich über der durchschittlichen Verfahrensdauer. Von den 41.485 erledigten Verfahren wurden allerdings nur 2.695 durch Endurteil beendet (vgl. dazu für 2017 auch das obige Balkendiagramm „Art der Erledigung“).

Weitere statistische Daten zu den Sozialgerichten und zum Sachgebiet Hartz IV finden Sie auch in den folgenden Beiträgen:
Statistik – Verfahren vor den Sozialgerichten
1. Entwicklung der Fallzahlen … | 2. Fallzahlen nach Sachgebieten … | 3. Verfahrensdauer … | 4. Untätigkeitsklagen … | mehr
Hartz 4 – statistische Daten und Fakten
1. Leistungsberechtigte … | 2. Zahl der Bedarfsgemeinschaften … | 3. Zahlungsansprüche der Bedarfsgemeinschaften … | 4. Widerspruchsverfahren … | mehr
Statistiken zum Sozialversicherungsrecht und zum Verfahren
1. allgemeine Daten … | 2. Krankenversicherung … | 3. Rentenversicherung … | 4. Unfallversicherung … | 5. Pflegeversicherung … | 6. Klageverfahren …| mehr
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