§ 63 SGB X – Erstattung von Kosten im Vorverfahren
(4 Beiträge mit § 63 SGB X – Erstattung von Kosten im Vorverfahren)
1. Gesetzestext (Stand: 30.09.2025)
- (1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
- (2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
- (3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
👉 Enthalten im SGB X
2. Kommentierung
I. Allgemeines
§ 63 SGB X normiert die Kostenerstattungspflicht der Behörde im Widerspruchsverfahren.
Bei einem erfolgreichen Widerspruch sind die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsführers zu erstatten. Dies betrifft insbesondere Anwaltskosten, Auslagen und weitere zweckentsprechende Aufwendungen.
II. Abgrenzung Kosten(grund)entscheidung und Kostenfestsetzung
– Die Kosten(grund)entscheidung ist regelmäßig im Widerspruchsbescheid enthalten und erfolgt von Amts wegen.
– Die Kostenfestsetzung nach § 63 Abs. 3 SGB X erfolgt nur auf Antrag und bestimmt Art und Umfang der erstattungsfähigen Aufwendungen.
III. Erstattungsfähige Aufwendungen
Zu den notwendigen Aufwendungen gehören insbesondere die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV-RVG und die Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV-RVG.
Nicht zu erstatten sind Aufwendungen, die durch Verschulden des Erstattungsberechtigten oder seines Vertreters entstanden sind (§ 63 Abs. 1 S. 3 SGB X).
IV. Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
Die Kosten eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten sind nur dann erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X).
Notwendig ist die Hinzuziehung insbesondere, wenn:
– das Verfahren rechtlich oder tatsächlich schwierig ist,
– oder der Widerspruchsführer ohne anwaltliche Unterstützung hilflos wäre.
Ein bloßer Hinweis auf die Beratungspflicht der Behörde (§ 14 SGB I) reicht nicht aus, um den Erstattungsanspruch auszuschließen.
V. Erfolgloser Widerspruch
Bei einem erfolglosen Widerspruch besteht grundsätzlich kein Kostenerstattungsanspruch.
Ausnahme: § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X eröffnet einen Anspruch, wenn der Widerspruch nur wegen unbeachtlicher Form- oder Verfahrensfehler nach § 41 SGB X erfolglos geblieben ist.
VI. Entstehungsgeschichte (BT-Drs.)
BT-Drs. 8/2034 (1979 – Entwurf SGB X)
Im Gesetzentwurf wurde die Einführung einer einheitlichen Kostenerstattungspflicht im Vorverfahren hervorgehoben. Ziel war es, den Rechtsschutz des Bürgers zu stärken und die Effektivität des Vorverfahrens zu sichern.
BT-Drs. 8/4022 (1980 – Beschlussempfehlung)
Der Gesetzgeber betonte, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten stets eine Einzelfallprüfung verlangt. Die Regelung soll verhindern, dass Betroffene durch die Kostenbelastung von berechtigten Widersprüchen abgehalten werden.
3. Beitragsliste
In den folgenden Beiträgen habe ich § 63 SGB X angesprochen – mit Beispielen zur Kostenentscheidung und zur Notwendigkeit der Anwaltszuziehung:
Widerspruch im Sozialrecht: Frist, Form, Wirkung, Dauer (mit Muster-Hinweisen)
Widerspruch im Sozialrecht: Fristen nach §§ 84–88 SGG, Ablauf des Verfahrens, Kosten, Abhilfebescheid. Mit Muster und Checkliste für die Praxis.
... | mehrKostenerstattung im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren
Wann muss die Behörde im Widerspruchsverfahren Kosten erstatten? Überblick zu § 63 SGB X – Pflicht zur Kostengrundentscheidung, notwendige Aufwendungen, Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und Rechtsprechung von BSG & LSG.
... | mehrZur Höhe der Geschäftsgebühr für Widerspruchsverfahren gegen eine geringe Mahngebühr
... zur Höhe der Geschäftsgebühr für Widerspruchsverfahren gegen eine geringe z. B. vom Jobcenter geltend gemachte Mahngebühr ...
... | mehrAnspruchsübergang gemäß § 9 S. 2 BerHG – Erstattung der Kosten im Widerspruchsverfahren
Erstattung der Kosten im erfolgreich durchgeführten Widerspruchsverfahren ... | ... zur Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen aus dem Jahr 2014 ...
... | mehr