§ 11 a SGB II – nicht zu berücksichtigendes Einkommen
(5 Beiträge mit § 11 a SGB II – nicht zu berücksichtigendes Einkommen)
1. Gesetzestext (Stand: 30.09.2025)
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- (1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind
- 1. Leistungen nach diesem Buch,
- 2. die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
- 3. die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
- 4. Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
- 5. Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
- 6. Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
- 7. Erbschaften.
- (2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
- (3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen
- 1. die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
- a) für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
- b) für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
- 2. die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
- 3. die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
- 4. die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
- 5. Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.
- 1. die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
- (4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
- (5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit
- 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
- 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
- (6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
- (7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.
2. Kommentierung
I. Einordnung & Entwicklung
§ 11 a SGB II trat am 1. April 2011 in Kraft. Mit geringen Abweichungen hat der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen in § 11 Abs. 1, 3 und 4 SGB II in eine eigene Vorschrift überführt. Im Zuge des Bürgergeldgesetzes traten zum 1. Juli 2023 weitere Änderungen in Kraft. Hierzu gehört insbesondere die ausdrückliche Klärung in § 11 a Abs. 1 Nr. 7 SGB II, dass Erbschaften nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Die Vorschrift regelt, welche Einnahmen nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen sind.
II. Absätze im Überblick
1. Abs. 1: Katalog nicht zu berücksichtigender Einnahmen
§ 11 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II stellt zunächst die Leistungen nach dem SGB II selbst von der Berücksichtigung als Einkommen frei. Nach § 11 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II bleiben die Grundrente nach dem BVG und (Grund-)Renten nach anderen Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, sowie nach Abs. 1 Nr. 3 bis zur Höhe dieser Grundrente Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben, Körper oder Gesundheit als Einkommen unberücksichtigt.
Mit dem Bürgergeldgesetz werden ab dem 1. Juli die Regelungen aus § 11 b Abs. 2 S. 3 SGB II alter Fassung gestrichen und weitgehend in § 11 a Abs. 1 Nrn. 4 ff SGB II weitergeführt. Es gelten z. B. für Aufwandsentschädigungen Freibeträge in Höhe von 3.000 Euro, § 11 a Abs. 1 Nr. 5 SGB II.
Aufwandsentschädigungen werden kalenderjährlich in Höhe von 3.000 € von der Anrechnung freigestellt, § 11 a Abs. 1 Nr. 5 SGB II. Ggf. 3.000 € übersteigende Beträge werden angerechnet.
Mutterschaftsgeld ist ab dem 1. Juli 2023 gemäß § 11 a Abs. 1 Nr. 6 SGB II anrechnungsfrei. Vor dem 1. Juli 2023 eingenommenes Elterngeld ist nicht freigestellt.
Gemäß § 11 a Abs. 1 Nr. 7 SGB II sind Erbschaften heute nicht mehr als Einkommen zu berücksichtigen. Es sollte darauf geachtet, dass z. B. ein Aktiendepot zwar zur Erbmasse gehört, aber keine Einnahme in Geld (gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II) beinhaltet. Sachwerte werden ab 2016 nicht mehr als Einnahmen "in Geldeswert" von der Anrechnung gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II erfasst. Vermächtnisse sind keine Erbschaften im Sinne des Abs. 1 Nr. 7 SGB II.
2. Abs. 2: Schmerzensgeld
Gemäß § 11 a Abs. 2 SGB II sind Leistungen nach § 253 Abs. 2 BGB – also insbesondere Schmerzensgeld – wegen ihres Charakters als Entschädigungen ebenfalls von der Anrechnung ausgenommen, weil der zugrunde liegende Schaden kein Vermögensschaden war.
3. Abs. 3: Zweckbestimmte Leistungen
§ 11 a Abs. 3 SGB II ergänzt die Aufzählung in Abs. 1 um weitere Einnahmen, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Dabei geht es vor allem um zweckbedingte Einnahmen.
Warum heute das Pflegegeld und das Elterngeld nicht – zumindest klarstellend – von der Berücksichtigung ausgenommen werden, ist nicht verständlich. Pflege- und Elterngeld werden ausdrücklich in § 13 Abs. 5 SGB XI und § 10 BEEG von der Berücksichtigung ausgenommen.
4. Abs. 4–5: Zuwendungen
Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, § 11 a Abs. 4 SGB II. Seit dem 1. Januar 2011 sind Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege von der Berücksichtigung als Einkommen unabhängig von dem Zweck der Leistungen ausgenommen.
Zuwendungen Dritter, die ohne rechtliche und sittliche Verpflichtung Leistungsberechtigten zugutekommen, werden nach § 11 a Abs. 5 Nr. 1 nicht als Einkommen berücksichtigt,
5. Absetzbeträge – Verweis
Absetzbeträge, die ganz oder teilweise vom Einkommen zum Abzug gebracht werden können, sind in § 11b SGB II geregelt.
6. Abs. 6: Überbrückungsgeld
Nach § 11a Abs. 6 SGB II ist Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG oder vergleichbare landesrechtliche Leistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Es handelt sich um eine eigenständige Klarstellung für den Übergang nach der Haftentlassung.
7. Abs. 7: Ferienjobs
Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie in den Schulferien erwerbstätig sind. Eine Ausnahme gilt nur für reguläre Ausbildungsvergütungen.
Vertiefend zur Berücksichtigung des Hinzuverdienstes, der Absetzbeträge und der Freibeträge
Weitere Ausnahmen vom Einkommenseinsatz sind insbesondere in § 1 Bürgergeld-V geregelt.
III. Systematische Bezüge
Die Vorschriften zu nicht zu berücksichtigendem Einkommen korrespondieren mit dem Einkommensbegriff des SGB XII, vgl. § 82 SGB XII, weichen aber in der Behandlung von Sachwerten (seit 2016 Vermögen statt Einkommen) ab.
IV. Entstehungsgeschichte (BT-Drs.)
BT-Drs. 17/1465 (2010 – Bürgergeldreform)
Mit § 11a (BT-Drs. 17/1465, S. 8 ff.) wurden die nicht zu berücksichtigenden Einnahmen gesondert normiert. Dazu zählen Grundrenten nach dem BVG, Pflegegeld, bestimmte Entschädigungsleistungen sowie Elterngeld (nur teilweise). Die Regelung dient der Klarstellung und Verwaltungsvereinfachung. Die Abgrenzung soll sicherstellen, dass zweckbestimmte Leistungen nicht das Existenzminimum schmälern. Später wurde der Katalog erweitert (BT-Drs. 18/8041, 2016), um auch neue familienpolitische Leistungen einzubeziehen.
➡️ BT-Drs. 17/1465 ·
➡️ BT-Drs. 18/8041
BT-Drs. 20/3873 (2022 – Bürgergeldgesetz)
Mit der Reform durch das Bürgergeldgesetz (BT-Drs. 20/3873, S. 78 ff.) wurde § 11a SGB II nochmals angepasst. Besonders hervorgehoben wird die Klarstellung, dass Erbschaften nicht als Einkommen gelten. Außerdem wurde Mutterschaftsgeld ausdrücklich in den Katalog aufgenommen. Ziel war es, Rechtssicherheit zu schaffen und die Verwaltungspraxis zu vereinheitlichen.
§ 11 SGB II · § 11b SGB II ·
§ 1 Bürgergeld-V · § 13 Abs. 5 SGB XI · § 10 BEEG · § 82 SGB XII ·
Einkommen.
3. Beitragsliste
Beiträge zu § 11a SGB II – z. B. Praxisfälle zu Erbschaften, zweckbestimmten Leistungen und Wohlfahrtspflege:
Pflegegeld als abzugsfreies Einkommen beim Bürgergeld
Pflegegeld nach SGB XI: Wann wird es beim Bürgergeld angerechnet? Regeln für Pflegeperson, Angehörige, Verhinderungspflege. § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II, § 13 Abs. 5 SGB XI.
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