Auch private Zuwendungen und Schenkungen von Eltern oder Großeltern können als Einkommen vom Jobcenter berücksichtigt werden. Dann schmälern diese Zuwendungen die vom Jobcenter zu gewährenden Leistungen.
Eine derartige Anrechnung von Zuwendungen und Schenkungen sollte allerdings nach einem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP aus dem Jahr 2010 nicht erfolgen, wenn sie „geringfügig“ sind (vgl. zu Zuwendungen von Großeltern klarstellend Bundestagsdrucksachen 17/3404, Seite 95 – Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch).
Außerdem soll gemäß einem neu einzuführenden § 11 a Abs. 6 SGB II gemäß dem Gesetzesentwurf ein für andere Zwecke als zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährtes und verwendetes Darlehen nicht als Einkommen berücksichtigt werden (s. o. Bundestagsdrucksachen 17/3404, Seite 11 – § 11 a Abs. 6 SGB II).
Zum „nicht zu berücksichtigenden Einkommen“ gemäß § 11 a SGB II und zu „Absetzbeträgen“ gemäß § 11 b SGB II enthalten darüber hinaus die Bundesratsdrucksachen 661/1/10 vom 7. November 2010 (Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) auf Seiten 10 bis 12 und die oben genannten Bundestagsdrucksachen 17/3404 auf Seiten 94, 95 aufschlussreiche Kommentierungen.
Zuwendungen Dritter sind gemäß § 11a Nicht zu berücksichtigendes Einkommen
(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 11 a Abs. 5 SGB II von einer Anrechnung geschützt, wenn
– sie weder rechtlich noch sittlich geschuldet sind und soweit
– eine Anrechnung für den Leistungsberechtigten „grob unbillig“ wäre oder
– die freiwillige Zuwendung neben dem Bezug von Hartz 4 gerechtfertigt ist.
Einzelfälle:
Geldgeschenke sind nach Abs. 5 auch ohne Bindung an einen bestimmten Verwendungszweck anrechnungsfrei, wenn sie ohne sittliche Verpflichtung gegeben werden und sich im üblichen Rahmen halten.
Bei sonstigen, freiwilligen Zuwendungen Dritter Personen stellt sich die Frage, ob sie mit einer Gegenleistung des Hilfesuchenden in Verbindung stehen. Ist die Geldzuwendung an einen bestimmten Zweck gebunden, sodass sie nicht zum Lebensunterhalt eingesetzt werden kann, scheidet eine Anrechnung als Einkommen aus.
Taschengeld von einem nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Dritten bleibt im angemessenen Rahmen unberücksichtigt, wobei der Maßstab des § 1 Nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen
(1) Außer den in § 11a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Einnahmen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen:
1. Einnahmen, …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V zu beachten ist.
Trinkgelder sind anrechnungsfreie Zuwendungen, wenn sie nicht zu den regelmäßigen, berufsspezifischen Zusatzeinnahmen gehören (Friseusen, Kellner, Taxifahrer, …) und eine Anrechnung nach der damit verbundenen Intention des Gebers und den Erwartungen des Bedachten grob unbillig wäre.
Die ALG II-V nimmt weitere Einnahmen von der Einkommensberücksichtigung aus:
– § 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V: Einnahmen bis 10 €,
– § 1 Abs. 1 Nr. 3 ALG II-V: Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit sie Kalender jährlich 100 € nicht übersteigen,
– … .
Zur Anrechnung privater Darlehen vergleiche auch die Beiträge:
- Darlehen als zu berücksichtigende Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II
Darlehen werden evtl. als Einnahme behandelt werden – maßgebend ist, ob das Darlehen zur Unterhaltsdeckung verwendet werden kann| mehr
- Darlehen unter Freunden – Einkommen im Sinne des SGB II
Darlehen stellt kein Einkommen im Sinne des SGB II dar – aber: an den Abschluss und die Ernstlichkeit des Darlehens sind hohe Anforderungen zu stellen| mehr
Franzi says
Hallo,
wenn ich den Hartz4 Regelsatz beziehe und von meiner Mutter einer größere Schenkung bekommen könnte, zwischen 10.000-40.000€, wie wirkt sich das konkret auf die Zahlungen der Regelsätze aus?
Also mit welchen Abzügen habe ich zu rechnen?
Liebe Grüße und danke für eine Antwort!
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Franzi,
wenn Sie keine Schenkung erhalten, wird auch nichts angerechnet.
Wenn Ihnen 10.000 Euro zufließen, müssen Sie diese Schenkung (das Geld) für Ihren Lebensunterhalt einsetzen. Sie erhalten dann keine Leistungen.
Wenn Sie 10.000 Vermögen haben, dann müssen Sie dieses Vermögen für Ihren Bedarf solange einsetzen, bis das Schonvermögen bzw. die Absetzbeträge erreicht werden (vgl. dazu den Beitrag „Anrechenbares Vermögen … Schonvermögen„).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Sandra says
Hallo,
meine Tochter (Schülerin) bezieht nun Bürgergeld, da sie 15 J. alt wurde. Ihr Vater bezieht Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Ich erhalte EM-Rente und aufstockend das Gleiche wie der Vater. Meine Tochter bekommt 25,- Taschengeld von uns überwiesen, was bei ihr nie vom Sozialamt angerechnet wurde. Das Jobcenter rechnet es ihr jedoch als „sonstiges Einkommen“ an. Wieso ist das so?
Danke schon mal im Voraus und liebe Grüße
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Sandra,
ich kenne jedenfalls ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. Juli 2017 (S 12 AS 3570/15) im Hinblick auf monatliche Zahlungen von Taschengeld in Höhe von 50 €, in dem die leistungsmindernde Anrechnung der Zahlung durch die Großmutter als rechtswidrig angesehen wurde. Zur Begründung wies das Sozialgericht auf § 11 a Abs. 5 SGB II hin. Nach dieser Vorschrift sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Berücksichtigung grob unbillig wäre. Das entscheidende Sozialgericht nahm jedenfalls eine Unbilligkeit an, nachdem vorgetragen worden war, dass das Taschengeld genutzt werde, um Bewerbungsaktivitäten zu finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Theresia Riehl says
Hallo,
mein Sohn ist Azubi und bezieht vom Jobcenter zusätzlich noch Geld.
Er schafft es nicht, den Lebensunterhalt alleine zu bestreiten. Bekommt auch noch das Kindergeld.
Meine Frage, kann ich meinem Sohn hin und wieder Geld schenken?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Riehl,
grundsätzlich besteht die Gefahr, dass Geldgeschenke als Einkommen leistungsmindernd berücksichtigt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Christian says
Hallo,
es geht um einen Leistungsempfänger welcher Bürgergeld erhält und während des Bezugs über Monate mehrere Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe (insgesamt ca. 12.000 Euro) gespendet bekommen hat. Diese Zuwendungen gibt er restlos aus. Der Leistungsempfänger ist daher aktuell mittellos.
Hat der Leistungsempfänger Anspruch auf Bürgergeld zur Sicherung der Existenz, obwohl er die Zuwendungen nicht angegeben hat und diese mittlerweile vollständig ausgegeben hat?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.
Lieben Gruß
Christian
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Christian,
die Frage stellt sich meines Erachtens etwas anders und ist dann folgendermaßen zu beantworten:
Wenn jemand bedürftig ist, kann er Leistungen für die Zukunft erhalten.
Fraglich ist dann, ob und inwieweit Leistungen für die Vergangenheit zurückgefordert werden können und ob bzw. in welcher Höhe ggf. mit den Erstattungsansprüchen aufgerechnet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel