§ 12 SGB II – zu berücksichtigendes Vermögen
(10 Beiträge mit § 12 SGB II – zu berücksichtigendes Vermögen)
1. § 12 SGB II – Zu berücksichtigendes Vermögen (Gesetzestext)
- (1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind
- 1. angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
- 2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
- 3. für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
- 4. weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
- 5. ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
- 6. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
- 7. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.
- (2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.
- (3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.
- (4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.
- (5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
- (6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend.
2. Kommentierung
I. Allgemeines
§ 12 SGB II enthält die Regeln zum einzusetzenden Vermögen und zu den Freibeträgen.
Vermögen ist grundsätzlich einzusetzen, bevor Bürgergeld-Leistungen gewährt werden.
II. Abgrenzung Einkommen / Vermögen
Maßgeblich ist das Zuflussprinzip (§ 11 SGB II). Alles, was dem Hilfebedürftigen bereits vor Antragstellung zur Verfügung stand, gilt als Vermögen.
III. Schonvermögen
Nicht zu berücksichtigendes Vermögen ist das sog. Schonvermögen, § 12 Abs. 2 SGB II. Dazu gehören insbesondere:
- Grundfreibetrag (je nach Alter gestaffelt),
- angemessener Hausrat und ein angemessenes Kfz,
- selbstgenutztes Wohneigentum,
- zweckgebundenes Vermögen für die Alterssicherung.
IV. Härtefallregelung
Nach § 12 Abs. 3 SGB II bleibt Vermögen unberücksichtigt, wenn die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder eine besondere Härte bedeuten würde.
Vertiefend zum anrechenbare Vermögen beim Bürgergeld:
V. Verhältnis zu SGB XII
§ 12 SGB II verweist für bestimmte Konstellationen ausdrücklich auf § 90 SGB XII.
Damit wird das Schutzsystem der Sozialhilfe teilweise übernommen.
VI. Entstehungsgeschichte (BT-Drs.)
Erläuternd führt der Gesetzentwurf vom 5. September 2003
(BT-Drs. 15/1516) zu § 12 aus (S. 51 f.). Ergänzend sind spätere Reformen in
BT-Drs. 17/3404 (2010) und im
BT-Drs. 20/3873 (2022, Bürgergeldgesetz) enthalten.
1. Grundsatz (BT-Drs. 15/1516)
Hilfebedürftige müssen zunächst ihr Vermögen einsetzen, bevor Leistungen beansprucht werden können. Als Vermögen gilt alles Verwertbare, doch wird ein Schonvermögen definiert (Hausrat, angemessenes Kfz, selbstgenutztes Wohneigentum). Ziel: Sicherung der Eigenverantwortung.
2. Altersvorsorge und Freibeträge
Besonderer Schutz gilt für staatlich geförderte Altersvorsorge (z. B. Riester). Hinzu kommen Freibeträge für notwendige Anschaffungen und kleinere Rücklagen. Diese sollen ermöglichen, trotz Hilfebedürftigkeit eine gewisse Eigenvorsorge zu wahren.
3. Erweiterungen (BT-Drs. 17/3404)
2010 wurden Freibeträge ausgeweitet und die Härtefallregelungen präzisiert. Damit sollte besser berücksichtigt werden, dass die sofortige Verwertung bestimmter Vermögenswerte unzumutbar sein kann.
4. Bürgergeld-Reform (BT-Drs. 20/3873)
2022 wurde mit dem Bürgergeld die Karenzzeit eingeführt: ein Jahr lang bleibt Vermögen nur eingeschränkt relevant, erst danach greifen strengere Freibetragsregelungen. Zudem wurde der Schutz selbstgenutzten Wohneigentums modernisiert und die Angemessenheitsgrenzen gesetzlich fixiert.
§ 11 SGB II · § 11a SGB II ·
§ 90 SGB XII · Schonvermögen.
3. Beitragsliste
Beiträge zu § 12 SGB II – Schonvermögen, Wohnflächen und Freibeträge:
Schonvermögen in Bürgergeld (SGB II) und Sozialhilfe (SGB XII): Was zählt – und was nicht?
Was gilt als Vermögensumwandlung? Beispiele (Autoverkauf, Lebensversicherung, Sparbuch), Abgrenzung zum Einkommen: Erträge wie Zinsen/Dividenden werden angerechnet.
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