1. Grundsatz der Anrechnung
Private Geldzuwendungen – etwa von Eltern, Großeltern oder Bekannten – können beim Bürgergeld als Einkommen berücksichtigt werden.
Nach § 11 Abs. 1 SGB II alter Fassung gehörten grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zum anrechenbaren Einkommen, soweit keine ausdrückliche Ausnahme besteht. Das hat sich zur Einführung des Bürgergeldes im Jahr 2023 geändert. Seitdem gilt gemäß § 11 Abs. 1 Abs. 1 SGB II: Nur noch Einnahmen in Geld (oder geldwerte Vorteile aus einer Erwerbstätigkeit oder einem Dienstverhältnis gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II) zählen als Einkommen.
Geldzuwendungen von Dritten stellen also Einkommen dar, wenn sie dem Leistungsberechtigten tatsächlich zufließen und zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt sind. Dies gilt auch für Schenkungen, wenn sie nicht ausdrücklich zweckgebunden sind.
Eine Großmutter schenkt ihrer Enkelin, die Bürgergeld bezieht, 200 Euro zur freien Verfügung.
→ Diese Zahlung ist Einkommen und mindert den Leistungsanspruch.
2. Zweckgebundene Zuwendungen
Nicht jede private Geldzuwendung führt zu einer Anrechnung.
Nach § 11a Abs. 5 SGB II bleiben Zuwendungen dann anrechnungsfrei, wenn sie einem bestimmten Zweck dienen und dieser Zweck nach dem Gesetz nicht mit Leistungen nach dem SGB II erreicht werden soll.
Ein Geldgeschenk der Eltern für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine ist zweckgebunden und wird in der Regel nicht als Einkommen berücksichtigt.
Wird der Zweck dagegen nicht eindeutig bestimmt oder das Geld frei verfügbar verwendet, liegt Einkommen vor. Auch kleine Beträge („Taschengeld“) können – abhängig von Regelmäßigkeit und Höhe – berücksichtigt werden.
3. Rechtsprechung zur Schenkung und Zuwendung
Das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass auch freiwillige Leistungen Dritter Einkommen im Sinne des § 11 SGB II sind, sofern keine ausdrückliche Zweckbindung besteht. Allerdings greift § 11a Abs. 4 SGB II, wenn die Zuwendung die Lage des Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflusst, dass Leistungen nach dem SGB II ungerechtfertigt wären.
Zuwendungen, die etwa unregelmäßig und in geringem Umfang erfolgen (z. B. 10 € Geburtstagsgeld), bleiben regelmäßig anrechnungsfrei.
Bei höheren Beträgen prüft das Jobcenter, ob ein Zweckbezug oder eine Bedarfsdeckung vorliegt.
4. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Einkommen und Darlehen sowie Schenkung einer Eigentumswohnung im Bürgergeld:



Franzi says
Hallo,
wenn ich den Hartz4 Regelsatz beziehe und von meiner Mutter einer größere Schenkung bekommen könnte, zwischen 10.000-40.000€, wie wirkt sich das konkret auf die Zahlungen der Regelsätze aus?
Also mit welchen Abzügen habe ich zu rechnen?
Liebe Grüße und danke für eine Antwort!
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Franzi,
wenn Sie keine Schenkung erhalten, wird auch nichts angerechnet.
Wenn Ihnen 10.000 Euro zufließen, müssen Sie diese Schenkung (das Geld) für Ihren Lebensunterhalt einsetzen. Sie erhalten dann keine Leistungen.
Wenn Sie 10.000 Vermögen haben, dann müssen Sie dieses Vermögen für Ihren Bedarf solange einsetzen, bis das Schonvermögen bzw. die Absetzbeträge erreicht werden (vgl. dazu den Beitrag „Anrechenbares Vermögen … Schonvermögen„).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Sandra says
Hallo,
meine Tochter (Schülerin) bezieht nun Bürgergeld, da sie 15 J. alt wurde. Ihr Vater bezieht Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Ich erhalte EM-Rente und aufstockend das Gleiche wie der Vater. Meine Tochter bekommt 25,- Taschengeld von uns überwiesen, was bei ihr nie vom Sozialamt angerechnet wurde. Das Jobcenter rechnet es ihr jedoch als „sonstiges Einkommen“ an. Wieso ist das so?
Danke schon mal im Voraus und liebe Grüße
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Sandra,
ich kenne jedenfalls ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. Juli 2017 (S 12 AS 3570/15) im Hinblick auf monatliche Zahlungen von Taschengeld in Höhe von 50 €, in dem die leistungsmindernde Anrechnung der Zahlung durch die Großmutter als rechtswidrig angesehen wurde. Zur Begründung wies das Sozialgericht auf § 11 a Abs. 5 SGB II hin. Nach dieser Vorschrift sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Berücksichtigung grob unbillig wäre. Das entscheidende Sozialgericht nahm jedenfalls eine Unbilligkeit an, nachdem vorgetragen worden war, dass das Taschengeld genutzt werde, um Bewerbungsaktivitäten zu finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Theresia Riehl says
Hallo,
mein Sohn ist Azubi und bezieht vom Jobcenter zusätzlich noch Geld.
Er schafft es nicht, den Lebensunterhalt alleine zu bestreiten. Bekommt auch noch das Kindergeld.
Meine Frage, kann ich meinem Sohn hin und wieder Geld schenken?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Riehl,
grundsätzlich besteht die Gefahr, dass Geldgeschenke als Einkommen leistungsmindernd berücksichtigt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Christian says
Hallo,
es geht um einen Leistungsempfänger welcher Bürgergeld erhält und während des Bezugs über Monate mehrere Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe (insgesamt ca. 12.000 Euro) gespendet bekommen hat. Diese Zuwendungen gibt er restlos aus. Der Leistungsempfänger ist daher aktuell mittellos.
Hat der Leistungsempfänger Anspruch auf Bürgergeld zur Sicherung der Existenz, obwohl er die Zuwendungen nicht angegeben hat und diese mittlerweile vollständig ausgegeben hat?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.
Lieben Gruß
Christian
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Christian,
die Frage stellt sich meines Erachtens etwas anders und ist dann folgendermaßen zu beantworten:
Wenn jemand bedürftig ist, kann er Leistungen für die Zukunft erhalten.
Fraglich ist dann, ob und inwieweit Leistungen für die Vergangenheit zurückgefordert werden können und ob bzw. in welcher Höhe ggf. mit den Erstattungsansprüchen aufgerechnet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel