Die Angemessenheit der Höhe der Heizkosten ist unabhängig von den Kosten der Unterkunft zu beurteilen.
Folgendes stellte das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 2. Juli 2009 (www.openjur.deB 14 AS 36/08 R) fest:
- Die Angemessenheit der Höhe der Heizkosten ist im SGB 2 unabhängig von der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu beurteilen.
- Der Anspruch auf Heizkosten besteht in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen. Eine Pauschalierung ist unzulässig.
- Liegen die Heizkosten über einem aus einem bundesweiten oder kommunalen Heizspiegel zu ermittelnden Grenzbetrag, so sind sie im Regelfall nicht mehr als angemessen zu betrachten.
1. Angemessene Heizkosten
Bedarfe für Heizkosten sind in tatsächlicher Höhe anzuerkennen, soweit sie angemessen sind § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. …
(Link: zum Gesetzestext mit kurzer Kommentierung hier im Internetauftritt)§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Das heißt aber nicht, dass sie bei Unangemessenheit nur in angemessener Höhe zu übernehmen sind. Zuvor hat das Jobcenter dem Leistungsempfänger mitzuteilen, dass die Kosten unangemessen sind und ihm Gelegenheit zu Abhilfe zu geben. Dies ergibt sich aus § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(1) … Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, …
(Link: zum Gesetzestext mit kurzer Kommentierung hier im Internetauftritt)§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II.
2. Weiterzahlung der unangemessenen Kosten
Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate, § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(1) … Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, …
(Link: zum Gesetzestext mit kurzer Kommentierung hier im Internetauftritt)§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II.
3. Kostensenkungsobliegenheit, Kostensenkungsaufforderung
Aus den oben bereits zitierten Vorschriften des § 22 Abs. 1 S. 1 und S. 3 SGB II geht hervor, dass der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft hat, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
Aber auch unangemessene Kosten sind zu übernehmen. Hier greift § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Den Leistungsempfänger trifft zwar eine Obliegenheit, die Kosten der Unterkunft auf einen angemessenen Umfang zu senken. Diese Obliegenheit besteht allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Dem Leistungsberechtigten ist die Senkung der Kosten der Unterkunft und Heizung auch subjektiv erst möglich, wenn er positive Kenntnisse von seiner Kostensenkungspflicht hat.
Die Kenntnis hat der Leistungsberechtigte in der Regel nur, wenn er vom Jobcenter zur Kostensenkung aufgefordert wurde. Das Bundessozialgericht hat ausgeführt, dass die Kostensenkungsaufforderung eine Aufklärungs- und Warnfunktion haben soll, dass die bisherigen Kosten der Unterkunft unangemessen sind (www.sozialgerichtsbarkeit.deB 14 AS 14/08 R).
[29] Zwar enthält § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht das Erfordernis einer sog Kostensenkungsaufforderung. Der Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erhält. …
Schließlich kommt neben dem Anspruch auf Zahlung der Kosten nach § 22 Abs. 1 SGB II auch ein Anspruch auf Ersatz der verweigerten Kosten wegen einer fehlerhaften Beratung und aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch in Betracht. Der Leistungsträger ist nämlich verpflichtet, den Leistungsberechtigten über seine Rechte und Pflichten zu beraten (§ 14 Beratung
Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 14 SGB I).
Siade Waltraud says
Danke! – Ihre Ausführungen zu den Heizkosten sind sehr aufschlußreich.
Es ist ja leider notwendig jede Entscheidung/Ablehnung der ARGE (neu Jobcenter) anzuzweifeln und zu überprüfen.
Axel says
Das Jobcenter übernimmt bei mir nicht die volle Höhe der Heizkosten.
Beispiel: monatliche Heizkosten: 120,00 Euro, davon werden 80,00 Euro übernommen, die 40,00 Euro werden vom Lebensunterhalt abgezogen.
Auch mit der neuen Änderung für „Singles“ wo der Satz Anfang 2015 auf 399,00 Euro/Monat angehoben wurde, würde demzufolge eine Auszahlung des Lebensunterhaltes auf 359,00 Euro/Monat erfolgen.
Ein Rechtsbeistand ist bereits eingeschaltet, das Jobcenter blockt ab was die Übernahme der vollständigen Kosten betrifft etc. Eine Klage beim Sozialgericht muss leider angestrebt werden, der Steuerzahler wird damit auch nur unnötig belastet.
Andreas says
Ich habe für das Jahr 2013 eine Heizkostennachzahlung in Höhe von ca. 1000,- Euro (Wohnung 60qm, bewohnt von mir und meiner Frau, Haus mit 4 Wohnungen, alle außer meine sind leer, Haus nicht isoliert, Heizung schon ca. 20 Jahre alt oder älter)
Auch bei mir zahlt das Amt nur bis zum Bundesweiten Heizkostenspiegel. Das hat meine Nachzahlung auf ca. 600 Euro reduziert. Aber ich gehe gerade den Weg der Klage vorm Sozialgericht, da man mir keine Kostensenkungsaufforderung hat zukommen lassen, und einfach nur den Bundesweiten Heizkostenspiegel anrechnet.
Warten wir mal ab wie das ausgeht…
Nadig Evelin says
Auch in meinem Fall zahlt das Amt 121 € Heizkosten und ich habe 14 €das ganze Jahr von meinem Sozialsatz obendrauf bezahlen müssen. Jetzt habe ich 550 € Guthaben bei der Jahres Abrechnung. Beim Sozialcenter sagt die Sachbearbeiterin zu mir „das Gesetz hat sich geändert, mein 12× bez.14 € wurden mir als Einkommen angerechnet.
Ab wann tritt das Gesetz in Kraft und darf man das dann einfach fürs ganze Jahr nehmen oder ab dem Tag wo es in Kraft tritt? Würde natürlich mehr Arbeit bedeuten fürs Amt, das auszurechnen. Aber ich habe das ganze Jahr gespart an Heizung und habe mit dem Geld gerechnet. Es wurde mich freuen, wenn ich von Ihnen eine Antwort bekommewürde.
Ich Danke Ihnen.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Evelin,
Rückzahlungen und Guthaben, die auf Vorauszahlungen beruhen, die von dem Leistungsträger nicht ersetzt worden sind (die also der Leistungsberechtigte „aus eigener Tasche“ bezahlt hat), müssen meines Erachtens als Einkommen außer Betracht bleiben. Dies ist allerdings nicht ganz unbestritten. Bitte vergleichen Sie dazu meinen Artikel „Rückzahlungen und Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen gemäß § 22 Abs. 3 SGB II„.
Grüße
Eve says
Bitte kann mir jemand sagen, wie es sich in diesem Fall verhält.
Ich zahle eine Miete in der die Nebenkosten wie z.B. Wasser, Müllabfuhr, Kanalisation, Versicherungen u.s.w. bereits enthalten sind – dann sagt man doch „Bruttowarmmiete“ – oder nicht ? Was wird dann monatlich als Grundpreis pro qum Wohnung als Nebenkosten in Stuttgart berechnet?
Muss ich diesen Betrag von meiner Miete abziehen, um eine Nettokaltmiete zu errechnen? oder wie komme ich auf den tatsächlichen Betrag der Miete ohne diese Nebenkosten?
Es wäre toll, wenn mir da jemand Auskunft geben könnte, die mir weiter hilft.
Vielen Dank im Voraus. Grüße aus Stuttgart Eve
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Eve,
dies stellt sich ggf. als mietrechtliches Problem dar – so wie Sie es schildern können Sie eine „Nettokaltmiete“ nicht errechnen.
Ich verstehe Sie so, dass Sie auf Betriebskosten keine Zahlungen leisten und dass insgesamt eine Bruttowarmmiete vereinbart ist, über die eine Abrechnung nicht erfolgen soll.
Grüße
Wenig Buurkhard says
Hallo und guten Tag,
Ich bewohne seit drei Jahren eine 55qm Wohnung die mit zwei Holz/Kohleöfen beheizt wird. Ich beziehe Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit. Meine monatliche Miete beträgt 270€ zuzüglich 50€ Nebenkosten. Im Winter erhalte ich eine Winterbeihilfe von 488 € die leider überhaupt nicht ausreicht. Ich muss jedes Jahr zwischen drei und vierhundert Euro zuzahlen.Meine Wohnung ist natürlich nicht die modernste wie man leicht aus der niedrigen Miete ersehen kann und entspricht nicht den heutigen Standards in Sachen Isolation und Wärmedämmung. Ich leide unter einer Chronischen Lungenerkrankung die mich dazu zwingt im Winter fast ganztägig das Haus zu hüten und dort wiederum benötige ich eine Mindesttemperatur zwischen 20° und 21°Grad um das Infektionsrisiko so niedrig wie möglich zu halten. Ungeachtet dieser individuellen Umstände lehnt das Amt die Übernahme der Kosten ab und begründet dies Lapidar mit der Aussage“Sozialrechtlicher Bedarf für Zahlung bereits gedeckt. Arbeitsanweisung der Stadt …….. sieht als angemessene Winterbeihilfe ausschließlich einen Betrag in Höhe von 488,00 Euro vor“. Wie kann ich meine Forderung durchsetzen?
Kiki says
Hallo,
ich wohne seit 13 Jahren in meiner Eigentumswohnung im Gartengeschoss eines 7 Parteien Wohnhauses (62 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1 Ölofen und 2000 Liter Tank) mit meinem Sohn (10).
Der Jahresverbrauch an Heizöl ist 1200 Liter. Der Jobcenter hatte mir aber noch nie die gesamte Kosten für den Heizöl erstattet, obwohl ich jedes Jahr die Rechnung nachreiche und jedes Jahr ungefähr die gleiche Kosten für Heizöl habe. Jedes Jahr muss ich selbst zwischen 200 und 400 Euro selbst aufbringen und von wo interessiert die nicht.
Was kann ich tun? Nach welchen Maßstab berechnen die denn Anspruch auf die Heizölhilfe für Heizperioden?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
die Entscheidung zu den Kosten der Unterkunft sollten Sie im Hinblick auf die Ablehnung der Kosten für die Heizung überprüfen lassen. …
Ohne Kenntnis des genauen Sachverhaltes und insbesondere des entsprechenden Bescheides vermag ich nur zu spekulieren … das bringt Ihnen aber nichts …
… die Heizkosten könnten z. B. nicht angemessen sein … allerdings sind auch diese Kosten in der Regel in voller Höhe zu berücksichtigen, solange keine Kostensenkungsaufforderung ergangen ist …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt