Kurz gesagt: Betriebskostennachzahlungen übernimmt das Jobcenter nur, wenn sie während des Leistungsbezugs fällig werden – Guthaben mindern spiegelbildlich die KdU im Folgemonat, aber nur soweit die Abschläge zuvor vom Jobcenter gezahlt wurden.
Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit das Jobcenter eine Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung übernimmt?
Zwingende Prüfpunkte sind insbesondere:
- Die Verpflichtung aus der Abrechnung betrifft einen Zeitraum, der dem Mietverhältnis zuzuordnen ist.
- Es besteht Leistungsbezug zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung.
- Regelfall: Das Mietverhältnis besteht fort (Ausnahme: aufgegebene Wohnung nach Kostensenkungsaufforderung, siehe unten).
1. Verpflichtungen vor Leistungsbezug
Müssen die Nachzahlungsverpflichtungen während des Leistungsbezugs entstanden sein?
– Nein. Das BSG hat klargestellt, dass auch Verpflichtungen aus der Abrechnung vor Beginn des Leistungsbezugs übernahmefähig sein können, wenn sie erst nach Eintritt der Bedürftigkeit fällig werden und das Mietverhältnis fortbesteht (BSG, 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R):
Merke: Für „alte“ Abrechnungszeiträume kommt eine Übernahme in Betracht, wenn die Forderung erst nach Eintritt der Bedürftigkeit fällig wird und das Mietverhältnis fortbesteht.
2. Leistungsbezug zum Zeitpunkt der Fälligkeit
Regelmäßig besteht ein Anspruch nur, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt Leistungsbezug vorliegt. Was gilt, wenn das Mietverhältnis schon beendet ist?
Ausnahmsweise kann die Übernahme auch nach Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht kommen – nämlich dann, wenn die Wohnung aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung aufgegeben wurde und Hilfebedürftigkeit sowohl bei Entstehung als auch bei Fälligkeit bestand (BSG, 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R):
3. Behandlung von Guthaben (spiegelbildlich)
Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen werden spiegelbildlich zu Nachforderungen behandelt: Sie mindern nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Folgemonat der Gutschrift.
- Die Minderung betrifft nur KdU (nicht den Regelbedarf).
- Ausnahme: Guthabenanteile aus Eigenleistungen (nicht vom Jobcenter getragene Abschläge) bleiben außer Betracht.
- Die Anrechnung erfolgt „mechanisch“ im Folgemonat; eine gesonderte Bedürftigkeitsprüfung findet insoweit nicht statt.
Guthaben bei nur teilweiser Kostenübernahme (SG Dresden)
Schon vor der heutigen Gesetzeslage war die Frage umstritten, ob Guthaben auch dann voll anrechenbar sind, wenn die Abschläge nicht vollständig vom Jobcenter übernommen wurden. Das SG Dresden bejahte die Anrechnung seinerzeit noch deutlich weitergehend (alte Rechtslage). Heute stellt § 22 Abs. 3 SGB II klar: Eigenfinanzierte Anteile sind auszunehmen (vgl. SG Dresden, 29.06.2010 – S 40 AS 391/09).
4. Häufige Fragen
- Zahlt das Jobcenter Nachforderungen für Zeiten vor meinem Leistungsbezug?
Ja, wenn das Mietverhältnis fortbesteht und die Nachforderung erst nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit fällig wurde (BSG, 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R). - Und wenn das Mietverhältnis schon beendet ist?
Ausnahmsweise möglich, wenn der Auszug auf eine Kostensenkungsaufforderung zurückgeht und Hilfebedürftigkeit bei Entstehung und Fälligkeit vorlag (BSG, 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R). - Wie wirken Guthaben aus der Abrechnung?
Sie mindern die KdU im Folgemonat; Eigenanteile (selbst gezahlte Abschläge) bleiben unberücksichtigt (§ 22 Abs. 3 SGB II).
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu den Nebenkosten beim SGB II:
- angemessene Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 SGB II
1. Angemessene Heizkosten ... | 2. Weiterzahlung der unangemessenen Kosten ... | 3. Kostensenkungsobliegenheit, Kostensenkungsaufforderung ...
... | mehr - Laufende Schönheitsreparaturen als zusätzlicher Bedarf
Schönheitsreparaturen müssen vom Jobcenter ggf. als (zusätzlich) zu ersetzende Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II anerkannt werden ...
... | mehr - Kostensenkungsaufforderung Jobcenter (§ 22 SGB II) – Fristen, Rechte & Karenzzeit
Kostensenkungsaufforderung nach § 22 SGB II: Fristen, Karenzzeit im Bürgergeld, keine Anfechtung als Verwaltungsakt. Was tun bei Kürzung der Miete?
... | mehr
Martin Kruse says
Guten Tag,
Ich beziehe das sog. Bürgergeld. Die Miete wird vom Jc immer direkt an meinen Vermieter
überwiesen.
Aus der Betriebskostenabrechnung für 2024 ergab sich ein Guthaben.
Diese Guthaben sollte mit der nächsten Mietzahlung bei meinem Vermieter in Abzug
gebracht werden.
Jedoch besaß die zuständige Sachbearbeiterin die Frechheit, meinem Vermieter die volle
Miete zu überweisen und zog mir das Guthaben vom Regelsatz ab.
Ich schrieb ihr, sie möge das Guthaben unverzüglich auf mein Konto überweisen und mit der nächsten Miete bei meinem Vermieter in Abzug bringen. Sie weigerte sich und meinte, mein Vermieter solle mir das Guthaben überweisen. Macht er auch.
Ich finde jedoch kein Gesetz / §, mit welchem ich der Sachbearbeiterin unmißverständlich klar machen kann, daß sie so etwas gefälligst zu unterlassen hat.
Ich hoffe, Sie können mir diesbezüglich helfen.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Kruse