Versicherte erhalten auf Antrag Leistungen der Pflegeversicherung, § 33 Abs. 1 S. 1 SGB XI.
Es folgt eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung gemäß § 18 SGB XI. Ein Mitarbeiter des medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen besucht den Versicherten zuhause bzw. im Heim und erarbeitet ein Gutachten zu den im Einzelnen erforderlichen Pflegezeiten.
Gegen den folgenden Einstufungsbescheid kann der Versicherte Widerspruch und gegebenenfalls Klage vor dem Sozialgericht erheben. Das Gutachten des MDK ist lediglich Grundlage des Einstufungsbescheides. Gegen das Gutachten selbst kann deshalb kein Widerspruch erhoben werden.
1. Grundpflege
Zentraler Begriff im Rahmen der Einstufung ist unter anderem der Begriff der Grundpflege, der in § 14 Abs. 4 Nrn. 1-3 SGB XI näher definiert wird. Zur Grundversorgung gehören gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen,
- im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
- im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
- im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Es kann zu Überschneidungen bei der Abgrenzung von Verrichtungen der Grundpflege und medizinischer Behandlungspflege kommen.
2. Richtlinien
Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, unter Beteiligung des medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur näheren Abgrenzung der in § 14 SGB XI genannten Merkmale der Pflegebedürftigkeit, der Pflegestufe nach § 15 SGB XI und dem Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit, § 17 Richtlinien der Pflegekassen
(1) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 17 Abs. 1 S. 1 SGB XI.
a) Begutachtungsrichtlinie
Die Begutachtungsrichtlinie vom 8. Juni 2009 können Sie unter anderem im Internet unter www.GKV-Spitzenverband.de abrufen. In der Richtlinien zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien – BRi) vom 15. April 2016; gültig ab 01. Januar 2017 …
(Link: www.gkv-spitzenverband.de)Begutachtungsrichtlinie werden die wichtigsten Begriffe zum Verfahren der Begutachtung bestimmt, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten.
In der oben genannten Begutachtungsrichtlinie sind m. E. insbesondere die Ausführungen auf den Seiten 67 bis 77 zu den „Verrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 4 SGB XI“ von Bedeutung. Unter D. 4.1 bis 4.4 werden die Begriffe „Körperpflege“, „Ernährung“, „Mobilität“ und – weniger von Bedeutung – „Hauswirtschaftliche Versorgung“ näher beschrieben.
Die Berechnung der Zeiten für die oben genannten Begriffe
– „Körperpflege“
– „Ernährung“ und
– „Mobilität“
gemäß § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI ist ganz wesentlich für die Beantwortung der Frage, ob für die Grundpflege in der Summe täglich mehr als
– 45 Minuten (Pflegestufe 1)
– 2 Stunden (Pflegestufe 2) oder gar
– 4 Stunden (Pflegestufe 3)
gemäß § 15 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 SGB XI benötigt werden.
Die Bedeutung der Verrichtungen gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI
– „hauswirtschaftliche Versorgung“
ist hingegen in der Praxis gering, da die Mindestzeiten
– 90 Minuten (Pflegestufe 1)
– 3 Stunden (Pflegestufe 2)
– 5 Stunden (Pflegestufe 3)
gemäß § 15 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB XI zumeist unstreitig erreicht werden.
b) Pflegebedürftigkeitsrichtlinie
In der Pflegebedürftigkeitsrichtlinie vom 11. Mai 2006 werden die Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufen sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit geregelt. Die Richtlinien zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien – BRi) vom 15. April 2016; gültig ab 01. Januar 2017
(Link: www.gkv-spitzenverband.de)Pflegebedürftigkeitsrichtlinie können Sie ebenfalls in dem Internetauftritt unter www.GKV-Spitzenverband.de abrufen.
Wolfgang Hoffmann says
Sehr gut und ausführlich beschrieben.
Roland Brendel says
Meine Lebensgefährtin möchte sich zu Pflege einer nahe stehende Person vom Arbeitgeber für 6 Monate freistellen lassen. Die Person hat Pflegestufe 2 und will damit das wieder eintreten einer weiteren nahe stehenden Person ( es sind die Eltern, Mutter gerade krank durch Schlaganfall mit bleibenden schäden,Vater Stark krank Krebspatient mit der Luft Auch die genannte Pflegestufe) helfen und damit auch pflegen.
Frage: Welche Möglichkeiten gibt es um weiter Krankenversichert,Arbeitslosenversicherung und Rentenversichert zu sein?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Brendel,
durch das Pflegezeitgesetz (im Folgenden: PflegZG) wird Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet, pflegebedürftige nahe Angehörige zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern, § 1 PflegZG.
Das Gesetz unterscheidet zwischen der kurzfristigen Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG) und der Pflegezeit (§ 3 PflegeZG). In der Pflegezeit können die Beschäftigten von ihrem Arbeitgeber für die Dauern von bis zu 6 Monaten eine Freistellung von der Arbeit beanspruchen, um einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen.
– In der Regel sind Sie familienversichert.
– Sollte dies nicht der Fall sein, so müssen Sie sich freiwillig versichern (weil Sie nicht mehr in den Kreis der Versicherungspflichtigen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 SGB V fallen). Sie müssen in der Regel den Mindestbeitrag zahlen. Sie haben dann gegenüber der Pflegekasse auf Antrag einen Anspruch auf Erstattung des Mindestbeitrages, § 44 a Abs. 1 S. 1 SGB XI.
– Eine private Kranken- und Pflege-Pflichtversicherung bleibt grundsätzlich während der Pflegezeit bestehen. Auf Antrag übernimmt die Pflegekasse oder das private Pflegeversicherungsunternehmen des Pflegebedürftigen den Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung bis zur Höhe des Mindestbeitrages wie bei den Sozialversicherten.
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung während der Pflegezeit trägt die Pflegekasse, § 44 a Abs. 2 SGB XI.
Während der Pflegezeit sind Sie rentenversichert.
Pflegepersonen, welche einen Pflegebedürftigen im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung mindestens 14 Stunden pro Woche pflegen und keine Erwerbstätigkeit von wöchentlich mehr als 30 Stunden ausüben (vgl. § 19 SGB XI), unterliegen der Rentenversicherungspflicht. In der Regel erfolgt die Beitragszahlung durch die Pflegeversicherung, vgl. § 44 Abs. 1 SGB XI. Die Pflegezeit wird als Pflichtbeitragszeit gewertet.
Grüße