Kurz erklärt: Die Angemessenheit der Heizkosten wird unabhängig von den Kosten der Unterkunft beurteilt. Nach § 22 Abs. 1 SGB II sind Heizkosten in tatsächlicher Höhe anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Maßstab sind häufig Werte aus dem kommunalen oder bundesweiten Heizspiegel. Liegen die Kosten darüber, gilt grundsätzlich eine Kostensenkungsobliegenheit – das Jobcenter muss jedoch zuvor eine Kostensenkungsaufforderung aussprechen.
1. Angemessene Heizkosten
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe anerkannt, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit der Heizkosten ist dabei eigenständig zu prüfen – unabhängig von den Unterkunftskosten (vgl. BSG, 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R).
1️⃣ Die Angemessenheit der Heizkosten ist gesondert zu prüfen.
2️⃣ Eine Pauschalierung ist unzulässig – entscheidend sind die tatsächlichen Aufwendungen.
3️⃣ Liegen die Kosten deutlich über den Heizspiegel-Grenzwerten, sind sie regelmäßig unangemessen.
Die Prüfung orientiert sich an den örtlichen Verhältnissen. Kommunen können auf Heizspiegel oder eigene Vergleichsmaßstäbe zurückgreifen. Maßgeblich ist der individuelle Bedarf, insbesondere Heizungsart, Energiequelle, Wohnungsgröße und Personenzahl.
2. Weiterzahlung unangemessener Heizkosten
Übersteigen die Aufwendungen die Angemessenheitsgrenze, müssen sie vorübergehend weitergezahlt werden, solange eine Senkung nicht möglich oder unzumutbar ist. Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II gilt: In der Regel erfolgt die Übernahme noch für bis zu sechs Monate.
3. Kostensenkungsaufforderung und Obliegenheit
Leistungsberechtigte sind verpflichtet, unangemessene Kosten auf ein zumutbares Maß zu senken. Voraussetzung ist jedoch, dass das Jobcenter sie ausdrücklich darauf hinweist. Erst nach Zugang einer Kostensenkungsaufforderung beginnt die Obliegenheit zur Kostenreduzierung (BSG, 7. Mai 2009 – B 14 AS 14/08 R).
[29] Zwar enthält § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht das Erfordernis einer sog Kostensenkungsaufforderung. Der Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erhält. …
Fehlt dieser Hinweis, kann eine Kürzung der Leistungen rechtswidrig sein. Zudem besteht bei unzutreffender oder unterlassener Beratung ggf. ein Anspruch aus dem sozialrechtlicher Herstellungsanspruch oder wegen fehlerhafter Beratung nach § 14 SGB I.
4. Häufige Fragen
Wie werden angemessene Heizkosten ermittelt?
Meist anhand kommunaler Richtwerte oder bundesweiter Heizspiegel. Grundlage sind Heizungsart, Wohnfläche und Personenzahl.
Was passiert bei zu hohen Heizkosten?
Zunächst erfolgt eine Kostensenkungsaufforderung. Erst danach dürfen Leistungen ggf. reduziert werden – regelmäßig frühestens nach sechs Monaten.
Müssen Nachzahlungen übernommen werden?
Ja, soweit die Heizkosten im Abrechnungszeitraum als angemessen galten. Maßgeblich ist der Verbrauch, nicht die Pauschalhöhe.
Was, wenn keine Kostensenkungsaufforderung erfolgte?
Dann dürfen die Leistungen nicht gekürzt werden; der Anspruch bleibt bestehen. Gegebenenfalls kann ein Herstellungsanspruch geltend gemacht werden.
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Unterkunftskosten, Heizung und Kostensenkung:



Siade Waltraud says
Danke! – Ihre Ausführungen zu den Heizkosten sind sehr aufschlußreich.
Es ist ja leider notwendig jede Entscheidung/Ablehnung der ARGE (neu Jobcenter) anzuzweifeln und zu überprüfen.
Axel says
Das Jobcenter übernimmt bei mir nicht die volle Höhe der Heizkosten.
Beispiel: monatliche Heizkosten: 120,00 Euro, davon werden 80,00 Euro übernommen, die 40,00 Euro werden vom Lebensunterhalt abgezogen.
Auch mit der neuen Änderung für „Singles“ wo der Satz Anfang 2015 auf 399,00 Euro/Monat angehoben wurde, würde demzufolge eine Auszahlung des Lebensunterhaltes auf 359,00 Euro/Monat erfolgen.
Ein Rechtsbeistand ist bereits eingeschaltet, das Jobcenter blockt ab was die Übernahme der vollständigen Kosten betrifft etc. Eine Klage beim Sozialgericht muss leider angestrebt werden, der Steuerzahler wird damit auch nur unnötig belastet.
Andreas says
Ich habe für das Jahr 2013 eine Heizkostennachzahlung in Höhe von ca. 1000,- Euro (Wohnung 60qm, bewohnt von mir und meiner Frau, Haus mit 4 Wohnungen, alle außer meine sind leer, Haus nicht isoliert, Heizung schon ca. 20 Jahre alt oder älter)
Auch bei mir zahlt das Amt nur bis zum Bundesweiten Heizkostenspiegel. Das hat meine Nachzahlung auf ca. 600 Euro reduziert. Aber ich gehe gerade den Weg der Klage vorm Sozialgericht, da man mir keine Kostensenkungsaufforderung hat zukommen lassen, und einfach nur den Bundesweiten Heizkostenspiegel anrechnet.
Warten wir mal ab wie das ausgeht…
Nadig Evelin says
Auch in meinem Fall zahlt das Amt 121 € Heizkosten und ich habe 14 €das ganze Jahr von meinem Sozialsatz obendrauf bezahlen müssen. Jetzt habe ich 550 € Guthaben bei der Jahres Abrechnung. Beim Sozialcenter sagt die Sachbearbeiterin zu mir „das Gesetz hat sich geändert, mein 12× bez.14 € wurden mir als Einkommen angerechnet.
Ab wann tritt das Gesetz in Kraft und darf man das dann einfach fürs ganze Jahr nehmen oder ab dem Tag wo es in Kraft tritt? Würde natürlich mehr Arbeit bedeuten fürs Amt, das auszurechnen. Aber ich habe das ganze Jahr gespart an Heizung und habe mit dem Geld gerechnet. Es wurde mich freuen, wenn ich von Ihnen eine Antwort bekommewürde.
Ich Danke Ihnen.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Evelin,
Rückzahlungen und Guthaben, die auf Vorauszahlungen beruhen, die von dem Leistungsträger nicht ersetzt worden sind (die also der Leistungsberechtigte „aus eigener Tasche“ bezahlt hat), müssen meines Erachtens als Einkommen außer Betracht bleiben. Dies ist allerdings nicht ganz unbestritten. Bitte vergleichen Sie dazu meinen Artikel „Rückzahlungen und Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen gemäß § 22 Abs. 3 SGB II„.
Grüße
Eve says
Bitte kann mir jemand sagen, wie es sich in diesem Fall verhält.
Ich zahle eine Miete in der die Nebenkosten wie z.B. Wasser, Müllabfuhr, Kanalisation, Versicherungen u.s.w. bereits enthalten sind – dann sagt man doch „Bruttowarmmiete“ – oder nicht ? Was wird dann monatlich als Grundpreis pro qum Wohnung als Nebenkosten in Stuttgart berechnet?
Muss ich diesen Betrag von meiner Miete abziehen, um eine Nettokaltmiete zu errechnen? oder wie komme ich auf den tatsächlichen Betrag der Miete ohne diese Nebenkosten?
Es wäre toll, wenn mir da jemand Auskunft geben könnte, die mir weiter hilft.
Vielen Dank im Voraus. Grüße aus Stuttgart Eve
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Eve,
dies stellt sich ggf. als mietrechtliches Problem dar – so wie Sie es schildern können Sie eine „Nettokaltmiete“ nicht errechnen.
Ich verstehe Sie so, dass Sie auf Betriebskosten keine Zahlungen leisten und dass insgesamt eine Bruttowarmmiete vereinbart ist, über die eine Abrechnung nicht erfolgen soll.
Grüße
Wenig Buurkhard says
Hallo und guten Tag,
Ich bewohne seit drei Jahren eine 55qm Wohnung die mit zwei Holz/Kohleöfen beheizt wird. Ich beziehe Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit. Meine monatliche Miete beträgt 270€ zuzüglich 50€ Nebenkosten. Im Winter erhalte ich eine Winterbeihilfe von 488 € die leider überhaupt nicht ausreicht. Ich muss jedes Jahr zwischen drei und vierhundert Euro zuzahlen.Meine Wohnung ist natürlich nicht die modernste wie man leicht aus der niedrigen Miete ersehen kann und entspricht nicht den heutigen Standards in Sachen Isolation und Wärmedämmung. Ich leide unter einer Chronischen Lungenerkrankung die mich dazu zwingt im Winter fast ganztägig das Haus zu hüten und dort wiederum benötige ich eine Mindesttemperatur zwischen 20° und 21°Grad um das Infektionsrisiko so niedrig wie möglich zu halten. Ungeachtet dieser individuellen Umstände lehnt das Amt die Übernahme der Kosten ab und begründet dies Lapidar mit der Aussage“Sozialrechtlicher Bedarf für Zahlung bereits gedeckt. Arbeitsanweisung der Stadt …….. sieht als angemessene Winterbeihilfe ausschließlich einen Betrag in Höhe von 488,00 Euro vor“. Wie kann ich meine Forderung durchsetzen?
Kiki says
Hallo,
ich wohne seit 13 Jahren in meiner Eigentumswohnung im Gartengeschoss eines 7 Parteien Wohnhauses (62 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1 Ölofen und 2000 Liter Tank) mit meinem Sohn (10).
Der Jahresverbrauch an Heizöl ist 1200 Liter. Der Jobcenter hatte mir aber noch nie die gesamte Kosten für den Heizöl erstattet, obwohl ich jedes Jahr die Rechnung nachreiche und jedes Jahr ungefähr die gleiche Kosten für Heizöl habe. Jedes Jahr muss ich selbst zwischen 200 und 400 Euro selbst aufbringen und von wo interessiert die nicht.
Was kann ich tun? Nach welchen Maßstab berechnen die denn Anspruch auf die Heizölhilfe für Heizperioden?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
die Entscheidung zu den Kosten der Unterkunft sollten Sie im Hinblick auf die Ablehnung der Kosten für die Heizung überprüfen lassen. …
Ohne Kenntnis des genauen Sachverhaltes und insbesondere des entsprechenden Bescheides vermag ich nur zu spekulieren … das bringt Ihnen aber nichts …
… die Heizkosten könnten z. B. nicht angemessen sein … allerdings sind auch diese Kosten in der Regel in voller Höhe zu berücksichtigen, solange keine Kostensenkungsaufforderung ergangen ist …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Joachim Schreiber says
ich möchte nur wissen ob das Jobcenter Belege über Kauf von festen Brennstoffen verlangen kann die vor den Leistungsbezug lagen. Ich bitte darauf zu antworten.
mit freundlichen Grüßen