Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Zur Ermittlung des Einzelgrades sowie des Gesamtgrades der Behinderung (GdB)

12. August 2015, aktualisiert am 21. Januar 2021 | 9 Kommentare

Symbole Schwerbehinderteneigenschaft

Zur Ermittlung des Einzelgrades sowie des Gesamtgrades der Behinderung (GdB) 1Die Feststellung des Grades der Behinderung erfolgt gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX alter Fassung (ab dem 1. Januar 2018 weitgehend in § 152 Feststellung der Behinderung, Ausweise
 
(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes…
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 152 SGB IX
neuer Fassung enthalten). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung in Zehnergraden abgestuft festgestellt, § 69 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX.

Eine Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung ist nur zu treffen, wenn mindestens ein Grad der Behinderung von 20 vorliegt, § 69 Abs. 1 S. 6 SGB IX (s. o., heute: § 151 SGB IX). Es gelten die Maßstäbe der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung, die Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008, die die früheren sogenannten „Anhaltspunkte“ abgelöst hat.

Die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wird in drei Schritten vollzogen:

  • In einem ersten Schritt werden die Gesundheitsstörungen und die sich daraus ergebenden Teilhabebeeinträchtigungen festgestellt.
  • In einem zweiten Schritt sind die Teilhabebeeinträchtigungen den Funktionsstörungen zuzuordnen, die sich aus der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV)
    Anlage zu § 2
    der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008
    Inhaltsverzeichnis
    Teil A: Allgemeine Grundsätze…
     
    (Link: www.gesetze-im-internet.de vom Bundesministerium der Justiz)
    Versorgungsmedizin-Verordnung
    ergeben. Diese werden dann mit einem Einzelgrad der Behinderung bewertet. Die Tabellenwerte der Versorgungsmedizin-Verordnung leiten sich aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen ab.
  • In einem weiteren dritten Schritt wird dann der Gesamt-GdB gemäß § 152 Feststellung der Behinderung, Ausweise
     
    (1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes…
     
    (Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
    § 152 SGB IX
    festgesetzt. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder nebeneinanderstehen. In der Regel führt dabei ein Einzel-GdB von zehn nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB.

Zur Bestimmung des Gesamt-GdS (bzw. -GdB) enthält die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV)
Anlage zu § 2
der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008
Inhaltsverzeichnis

Teil A: Allgemeine Grundsätze…
 
(Link: www.gesetze-im-internet.de vom Bundesministerium der Justiz)
Versorgungsmedizin-Verordnung
unter A 3 folgende Regelungen:

3. Gesamt-GdS

a) Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so sind zwar Einzel-GdS anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdS durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdS ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

b) Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdS-Werte angegeben sind.

c) Bei der Beurteilung des Gesamt-GdS ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdS bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdS 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

d) Um die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander beurteilen zu können, muss aus der ärztlichen Gesamtschau heraus beachtet werden, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können:

aa) Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen.

bb) Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken. Dies ist vor allem der Fall, wenn Funktionsbeeinträchtigungen an paarigen Gliedmaßen oder Organen – also z. B. an beiden Armen oder beiden Beinen oder beiden Nieren oder beiden Augen – vorliegen.

cc) Die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden.

dd) Die Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung werden durch eine hinzutretende Gesundheitsstörung nicht verstärkt.

ee) Von Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdS von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

Anmerkung:

Wenn mit dem Grad der Behinderung und dem Grad der Schädigungsfolgen das Maß für die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemeint ist, wird einheitlich die Abkürzung GdS benutzt.

 

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9 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. Tietje meint

    30. Juli 2016

    Schönen Guten Morgen,

    ich hätte da mal eine frage,und zwar hatte ich letztes Jahr im März einen schweren Herzinfakt.

    Bin 66 Jahre alt in Rente und habe einen Schwerbehindertenausweis mit 70 Prozent und das Merkzeichen G. So – nun zu meiner Frage: seit meinem Infarkt bin ich nicht mehr so fit wie ich vorher war. Habe Schweissausbrüche, Atemnot …, kann nicht mehr so weit Laufen, max. 100 Meter, dann ist eine Pause erforderlich. Kann ich beim Versorgungsamt einen Antrag stellen um einen höheren Grad der Behinderung zu bekommen? so wie das Merkzeichen aG?

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      23. August 2016

      Hallo Tietje,

      Sie sollte einen Verschlimmerungs- bzw. Änderungsantrag stellen. Links zu den entsprechenden Formularen finden Sie z. B. in dem Artikel „Anträge und Antragsformulare für einen Schwerbehindertenantrag, Musterschriftsatz Widerspruch„.

      Die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG sind erheblich. Davon handelt der Artikel „Schwerbehindertenrecht – Merkzeichen aG (Außergewöhnliche Gehbehinderung)„.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  2. Bernd Gromadies meint

    24. April 2018

    Es geht um die der Zuerkennung des Merkzeichens „G“
    wenn jemand wegen:

    – LWS- Funktionsstörungen einen GdB von 20,
    – Funktionsstörungen des Kniegelenkes einen GdB von 20
    – Erkrankung der Füße mit GdB 20

    anerkannt wird, könnte der Gesamt GdB wegen der mobilitätsbedingten Einschränkungen beim Gehen und der gleichgerichteten Wirkung der Einschränkungen nicht auch addiert werden, zumindest auf Gesamt-GdB auf 50 eingestuft werden, obwohl es sonst nicht üblich ist den Gesamt-GdB durch Addition der Teil-GdB zu ermitteln?

    Ich glaube das mal gelesen zu haben, finde diese Quelle aber nicht mehr.

    Danke für eine Info Bernd

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      2. Mai 2018

      Hallo Herr Gromadies,

      ich kenne keine Quelle (Fundstelle, Gerichtsentscheidung etc.), die eine derartige Aussage explizit enthält.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  3. Malki Noura meint

    4. Juli 2018

    Sehr geehrter Herr Nippel
    sehr geehrte Damen und Herren,,

    ich habe einen Abhilfebescheid erhalten mit einer Bewertung des Gesamt-GdB von 80 zugeschickt bekommen.

    Im ärztlichen Gutachten unter Blatt B. Behinderungen und Grad der Behinderungen (GdB) sind insgesamt 9 Behinderungen mit folgender Einzel-GdB aufgelistet:

    Nr. Einzel-GdB

    1. 50
    2. 50
    3. 20
    4. 20
    5. 20
    6. 10
    7. 10
    8. 10
    9. 10

    Laut meiner Berechnung den Gesamt-GdB zu ermitteln, habe ich online entdeckt, dass der höchste GdB erhalten bleibt und alle folgenden Einzel-GdB’s in meinem Fall von 1/2 bis 1/9 zu teilen sind. Doch ich komme auf ein Gesamt-GdB von 96,2 anstatt 80 wie vom medizinischem Gutachter angegeben.

    Ich bitte freundlich um Aufklärung, was hier der richtige Rechenweg ist um den Gesamt-GdB zu ermitteln und ob ich gegebenenfalls gegen den Abhilfebescheid ablehne mit der Begründung, dass der Gesamt-GdB falsch berechnet ist.

    Vielen Dank für die Info im voraus.

    Schöne Grüße
    Malki

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      12. Juli 2018

      Hallo Frau Noura,

      eine rein arithmetische Betrachtung verbietet sich gemäß den obigen Ausführungen … Beeinträchtigungen können sich überschneiden, verstärken, nebeneinander stehen oder ineinander aufgehen. …

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  4. Johannes Knippschild meint

    3. September 2018

    Auf meinen Antrag wurde ein GdB von 50 ermittelt, der zusammen mit dem Merkzeichen G auf der Rückseite des Ausweises steht. Es liegen folgende Diagnosen vor:
    1. Ideopathische Lungenfibrose, Bronchoskopie, chronisch respiratorische Insuffizienz, 2. Paroxysmales Vorhofflimmern, 3.Arterielle Hypertonie, 4.RIVA- PTCA bei VDW-Infarkt, 5. Hypercholesterinämie, 6. Dreifach-ACVB-Op. am schlagenden Herzen bei Dreigefäß-KHK mit erhaltener LV-Pumpfunktion, 7. DDD-Herzschrittmacher bei Sick-Sinus-Syndrom, 8. Op. Innenohr bei Morbus Ménière und Taubheit rechts.
    Frage: Wie wird der GdB bei diesem Krankheitsbild ermittelt?

    antworten
  5. Winfried meint

    20. September 2019

    Hallo,
    ich bin 60 Jahre alt und habe einen GdB von 70 mit Merkzeichen G.
    Ebenso habe ich bereits 45 Arbeitsjahre.
    Kann ich früher in Rente gehen?

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      24. September 2019

      Hallo Winfried,

      für Sie müsste der Beitrag Altersrente für schwerbehinderte Menschen die gesuchten Antworten enthalten.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
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