§ 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes
(1) …
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 45 Abs. 2 SGB X schränkt die Rücknahmebefugnis der Behörden ein. Für das Vorliegen eines Vertrauensschutzes besteht eine Vermutung. Grundsätzlich muss ein Begünstigter auf den Bestand der Leistung vertrauen dürfen!
Nur in Ausnahmefällen gilt Abweichendes: Bei Unlauterkeit im Sinne des § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes
…
(2) … Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig … unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 45 Abs. 2 S. 3 Nrn. 1 bis 3 SGB X ist eine Berufung auf Vertrauensschutz ausgeschlossen.
Die nach § 45 SGB X zugelassene Durchbrechung der Bindungswirkung von Verwaltungsakten geht vom Gedanken der Recht- und Gesetzmäßigkeit jeden Verwaltungshandelns aus. Grundsätzlich verlangt dieser Gedanke, rechtswidrige Verwaltungsakte zu beseitigen. Dem steht allerdings gegenüber, dass der für die Rechtswidrigkeit nicht verantwortliche Betroffene grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen darf und vor der Rücknahme deshalb geschützt werden muss. Um den Widerstreit zwischen diesen beiden Grundsätzen zu lösen, muss im Einzelfall eine Abwägung darüber erfolgen, welches Interesse überwiegt, dass der Allgemeinheit auf Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes oder das des gutgläubigen Begünstigten an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes.
Bei Verwaltungsakten, mit denen Dauerleistungen bewilligt worden sind, ist das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes in der Regel höher einzuschätzen als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit regelmäßig stärker belastet als eine einmalige Leistung. Dies gilt aber nur für die Rücknahme zukünftiger Leistungen. Bei einer Rücknahme von Dauerleistungen für die Vergangenheit gilt gemäß § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X ein strikter Vertrauensschutz, der nur bei Unlauterkeit durchbrochen werden kann.
§ 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes
- (1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
- (2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
- 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
- 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
- (3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. S. 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 S. 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
- 2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt S. 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.
- (4) Nur in den Fällen von Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
- (5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist in der Praxis häufig bei der Rücknahme für die Vergangenheit von Bedeutung.
Es kommt sehr oft vor, dass der handelnde Leistungsträger den Rücknahmebescheid erst lange nach einer Anhörung erlässt. Dann muss immer geprüft werden, ob die Frist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X tatsächlich eingehalten ist. Die Behörde muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen handeln.
Bei Dauerverwaltungsakten findet eine Prüfung des Vertrauensschutzes grundsätzlich nicht bzw. nur in den Fällen der Unlauterkeit statt. Die Fälle der Unlauterkeit sind in Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 geregelt.
Die Frage, ob und inwieweit es dem Begünstigten zumutbar ist, eine getroffene Vermögensdisposition rückgängig zu machen, muss in jedem Einzelfall gesondert beurteilt werden!
TheoDo says
„Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht …. hat ….“
Wenn der Begünstigte erbrachte Leistung zwar verbraucht, aber sonst noch Geld übrig hätte, z. B. Schonvermögen, wäre das Vertrauen in dem Falle auch schutzwürdig?
Oder wenn der Begünstigte nicht ganz so extrem arm wäre, weil es um Wohngeld und nicht Alg II ginge, das Geld im Prinzip also aufbringen könnte, das Geld, das zurückgefordert würde, aber tatsächlich schon ausgegeben hätte?
Rentengeschädigte says
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
ich habe folgendes Problem: Mir wird ab Februar 2013 eine vorzeitige Altersrente gewährt, deren Höhe durch Rentenauskünfte und Besuche bei der Auskunft- und Beratungsstelle wie angekündigt ausgefallen ist. Nun, 2 Wochen später, stellt die Dt. Rentenversicherung plötzlich fest, dass die Rentenberechnung einen Fehler enthält und will die Leistung um 80,- EUR kürzen. Angeblich findet § 45 Abs. 2 keine Anwendung. Ich bin anderer Meinung, weil ich „Vermögensdispositionen zu meinem Nachteil getroffen habe, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können“. Statt Rente zu beantragen, hätte ich mich mit meinem Arbeitgeber nicht auf eine Abfindung geeinigt, sondern hätte auf das Fortsetzen des Beschäftigungsverhältnisses bestanden, oder ALG beantragt, oder mir einen anderen Arbeitsplatz suchen können. Denken Sie, dass ich mit dieser Argumentation Aussicht auf Erfolg habe? Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Rentengeschädigte,
zur Beantwortung müsste ich tatsächlich die Unterlagen genau betrachten.
Aber: was hält Sie davon ab, den Widerspruch einzulegen und die Rentenversicherung bzw. den Widerspruchsausschuss die Arbeit machen zu lassen.
Natürlich könnte eine „präventive“ Beratung möglicherweise nützlich sein, …
Grüße
Rentengeschädigte says
Ich sollte vorerst -bevor ein rechtsmittelfähiger Bescheid erstellt wird- zu der Problematik „angehört“ werden. Auf diese Anhörung werde ich jetzt antworten, die Reaktion abwarten und mich dann ggf erneut an Sie wenden.
Danke vorab für Ihre Auskunft. Mit freundlichen Grüßen
kai says
Hallo zusammen
Ich habe folgendes Problem. Ich habe am 10.04.2015 eine neue Arbeitsstelle angefangen.
Das Jobcenter hat mir 3 monate lang noch Geld überwiesen von dem ich nichts wusste … (ich schaue auch nicht auf meine Kontoauszüge).
Dürfen die das Geld jetzt zurück verlangen?
Ich kam meinen Pflichten nach und hab dem Jobcenter alle Papiere wie Arbeitsvertrag vorgelegt …
Jetzt wollen die 1700 euro…
Ist das rechtens wenn die Mist bauen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Kai,
nach einer ersten Einschätzung ist es hier äußerst zweifelhaft, ob das Jobcenter einen Fehler gemacht hat, der einen Vertrauensschutztatbestand begründen kann.
Jedenfalls gehe ich zunächst davon aus, dass die oben genannten Regelungen des § 45 SGB X nicht anwendbar sind, da der Verwaltungsakt nicht von Beginn an rechtswidrig ist, sondern der Verwaltungsakt durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse erst rechtswidrig wird. Anwendbar sind dann die Regelungen des § 48 SGB X, hier Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X:
In Verbindung mit § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II und § 330 SGB III muss die Behörde aufheben und darf noch nicht einmal Ermessen („soll“) ausüben (s. dazu auch den Artikel „Rücknahme und Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen gemäß den §§ 45, 48 SGB X“).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Manusly says
Ich habe vor 30 Jahren geerbt. Es war Vermögen und Schulden vorhanden und es wurde eine Nachlass Verwaltung beauftragt. Ich selbst erhalte seit 18 Jahren Sozialhilfe später dann Grundsicherung. Jetzt soll die Nachlass Verwaltung beendet werden und es soll noch Vermögen übrig sein. Muss ich das jetzige Vermögen ans Grundsicherungsamt zahlen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Munusly,
die oben aufgeworfene Frage scheint mir doch ggf. mit sehr vielen komplizierten Einzelfragestellungen verbunden zu sein. Eine „pauschale Antwort“ ist deshalb nicht möglich.
Solange der Sozialhilfeträger jederzeit über das vorhandene Vermögen informiert war, kann gegenüber einem Änderungs-, Aufhebungs- und/oder Erstattungsbescheid möglicherweise Vertrauensschutz geltend gemacht werden. Ansprüche des Sozialhilfeträgers könnten auch verjährt/verwirkt sein. Eine Rückforderung der gewährten Leistungen wäre dann eventuell nicht mehr möglich.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
cake says
Hallo Herr Anwalt.
vor kurzem erhielt ich einen Brief mit einer Forderung von über 2000 € wegen unrechtmäßig gezahlten Leistungen. Die Begründung hierfür war ein Aufhebungsbescheid der 2013 einging, in dem stand dass ich arbeite und keinen Anspruch auf Leistung habe. Diese Arbeit war geringfügig (450 €) und wurde dem Jobcenter auch mitgeteilt. Nach Eingang des Schreibens teilte ich dem Jobcenter noch einmal mit, dass es sich um geringfügige Arbeit handelte und mir wurde gesagt, dass die 300 €, die ich im Monat bekam, angemessen seien.
Zu der Zeit war ich noch sehr unerfahren was das Jobcenter anging und habe leider nicht alles genauestens dokumentiert und kann jetzt nicht nachweisen, dass ich mich wegen dem Bescheid von 2013 gemeldet habe.
Kann ich irgendwie dagegen vorgehen??
lg
cake
Fragestellerin says
Guten Tag, ich beziehe seit 1995 eine unbefristete BU-RENTE und bin entspr. TZ-beschäftigt. Aus gesundheitlichen Gründen werde ich evtl. eine volle Erwerbsminderungrente beantragen. Ist es richtig, dass die BU-Rente gem. Paragraph 50 SGB X von der RV voll zurückverlangt wird, weil der Rentenbescheid (von 1995) aufgehoben wird?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Fragestellerin,
warum sollte eine Erstattung seitens der Rentenversicherung verlangt werden?
Im Ergebnis dürfte doch die volle Erwerbsminderungsrente höher sein als die BU-Rente.
Außerdem dürfte doch die Erwerbsminderungsrente nicht schon rückwirkend ab 1995, sondern ggf. ab Antragstellung oder ggf. auch zu einem früheren Zeitpunkt gewährt werden. Frühestens ab diesem Zeitpunkt würde dann „verrechnet“.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Duy N says
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
Unsere Familie besteht aus 6 Personen.
Ich, Mann berufstätig
Frau ist Hausfrau
4 Kinder.
Kinder beziehen noch alle Kindergeld.
Nun bekommen wir in letzter Zeit vom Jobcenter Anschreiben mit dem Betreff „Anhörung zur Überzahlung“.
Jetzt müssen wir sehr viel Geld an das Jobcenter zurück zahlen.
Die haben nämlich seit Februar 2016 bis Januar 2018 bei einem Kind vergessen das Kindergeld mit anzurechnen.
Wir haben hier in Bremen Beratungsstellen die meinten, dass das Jobcenter das Recht hat das zu viel gezahlte Geld zurück zu verlangen auch wenn die den Fehler gemacht hatten.
Können Sie da weiterhelfen?
Mit freundlichen Gruß,
Nguyen
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Duy N,
an Ihrer Stelle würde ich mich an Ihrer Stelle auf Vertrauensschutz berufen (jedenfalls dann, wenn die Leistungen verbraucht sind).
Ein Aufhebungs-, Erstattungs- und Rückforderungsbescheid wäre nach einer ersten rechtlichen Einschätzung jedenfalls dann unwirksam, wenn der damalige Bewilligungsbescheid ohne ein Verschulden von Ihnen fehlerhaft war und Sie die Leistungen verbraucht haben.
Entsprechend dem oben Ausgeführten könnten Sie ggf. gegenüber dem Jobcenter argumentieren.
Gerne würde ich auch für Sie die Geschäfte führen. Ich weiß allerdings nicht, ob das für Sie zuständige Amtsgericht schon im Rahmen der Anhörung einen Beratungshilfeschein bewilligt.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Tom Schendzielorz says
Hallo,
ich habe eine Rückforderung vom JC in Höhe von 515,86 € erhalten, weil ich Umschüler bin und die DRV MD den Anteil vom Übergangsgeld Januar erst Anfang Februar überwiesen hatte und die normale Leistung für den Februar Ende Februar auf meinem Konto einging.
Da ich Aufstocker beim JC bin – kann dann das JC eine Rückforderung wegen Überzahlung verlangen?
Ich bitte um eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Tom Schendzielorz
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hall Herr Schendzielorz,
„eigentlich“ müsste doch für Sie die Anrechnung der Zuflüsse Anfang Februar und Ende Februar dazu führen, dass im Januar kein Zufluss erzielt wurde und somit die Leistungen im Januar 2018 höher ausfallen müssten. „Unter dem Strich“ sollte sich dann für Sie kein Nachteil ergeben.
Die Frage zur Rückforderung verstehe ich jedenfalls nicht. Sie haben doch eine Rückforderung über 518,86 € erhalten?!
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Anja says
Ich habe eine Forderung zur Rückzahlung vom JC erhalten i. H. v. 1180€, da mir Leistungen vom Mai bis November zu viel gezahlt wurde.
Da ich ein Laie bin was den Berechnungsbescheid angeht, vertraue ich dem zuständigen Sachbearbeiter, dass er richtig berechnet. Ich hatte im Mai eine Tätigkeit aufgenommen und jeden Monat nachweislich den Lohnzettel eingereicht. Ich bin alleinerziehend und habe dieses Geld nicht. Ich habe meine Mitteilungspflicht seitens an das Jobcenter gemacht.
Beatrice says
Ich beziehe Aufstockung vom Jobcenter. Voriges Jahr hatte ich dazu noch ein Ehrenamt was in der Berechnung immer mit aufgeführt wurde
Im nächstem bescheid fiel dann die Zeile Ehrenamt natürlich weg und damit hatte ja alles seine Richtigkeit.
Nun hat der Sachbearbeiter aber bei der summe der Einkommensbereinigung versehentlich die Summe mit dem Ehrenamtfreibetrag eingetragen und mir ist es nicht aufgefallen und somit wurde ich überzahlt.
Der Vorwurf vom Bearbeiter ist nun, ich hätte es leicht erkennen können. Nun meine Frage, hätte ich das erkennen müssen?
und darf er mir nun die angedrohten 30 Prozent vom laufenden Bezug abziehen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Beatrice,
den Sachverhalt verstehe ich schon deshalb nicht, da oft die Einnahmen aus dem Ehrenamt unberücksichtigt bleiben müssen, vgl. den Beitrag Der erhöhte Grundfreibetrag bei ehrenamtlich Tätigen und im Ferienjob.
Dann ist mir auch nicht klar, was Sie falsch gemacht haben sollen. Den Vorwurf Ihres Bearbeiters kann ich mir nicht erklären. Solange aber Ihrerseits ein grob fahrlässiges Verhalten nicht erkennbar ist, ist auch eine Aufrechnung nach § 43 SGB II jedenfalls nicht in Höhe von 30 % des Regelbedarfes möglich (vgl. dazu den Beitrag Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen des Jobcenters).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
DieSelbstundständige says
Hallo Herr Nippel,
ich bin alleinerziehend und selbstständige Aufstockerin. Meine Tochter (Gymnasiastin) arbeitet in einem Minijob. Ich habe sowohl ihr Einkommen als auch meine Einkünfte regelmäßig gemeldet und kann dies nachweisen. Allerdings wurden die Einnahmen meiner Tochter in keinem der Bescheide (sämtlich abschließend) berücksichtigt. Aktuell erhalte ich Rückforderungen (Anhörung) für sämtliche Zeiträume, insgesamt über 1200 Euro. Man wirft mir vor, diese Änderungen der Verhältnisse nicht angezeigt zu haben. Dies kann ich per Einschreibebeleg entkräften. Das Geld hat meine Tochter sämtlich für sich behalten und inzwischen ausgegeben. Meine Frage jedoch: Hätte ich die Sachbearbeiterin auf ihren Fehler, nichts anzurechnen, selbst hinweisen müssen? Ich füge hinzu, dass die Sachbearbeiterin über fast lückenlose, ungeschwärzte Kontoauszüge meinerseits verfügt, die diese zum Nachweis meiner Einnahmen aus der Selbstständigkeit anfordert. Auch das Einkommen meiner Tochter geht und erscheint auf mein Girokonto.
Vielen Dank & beste Grüße!
Die Selbstundständige
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Die Selbstundständige,
die Bewilligungsbescheide – handelt es sich um vorläufige Bescheide? Handelte es sich um vorläufige Bewilligungsbescheide, dann mussten Sie jedenfalls mit Rückforderungen rechnen. Wenn nicht, müsste weiter geprüft werden, ob Sie im Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung das Geld ausgeben durften. Dies durften Sie, wenn der erlassene Bewilligungsbescheid von Beginn an fehlerhaft war (weil der Bearbeiter von Ihnen angegebenes Einkommen unzutreffend nicht in die Berechnung der Leistung mit einbezogen hat).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
RUDI says
Hallo Herr Nippel,
Beantwortung bitte nur, falls kostenfrei
in meinem Fall hat der Leistungsberechtigte seine Mitwirkungspflicht erfüllt, die Mitarbeiterin der Behörde hätte das übersteigende Vermögen erkennen können, sie hat aber statt dessen die Sozialleistung bewilligt. In dem Bewilligungsbescheid waren die genauen Vermögensgrenzen aufgelistet, so dass der Leistungsberechtigte, hier der Betreuer erkennen konnte, dass er unrechter Weise Leistungen erhält, da sein Vermögen über den angegebenen Grenzen liegt. Es kam keine Äußerung diesbezüglich – gehört nicht auch das mit zur Mitwirkungspflicht des Leistungsberechtigten ?
Besteht hier tatsächlich nur die Möglichkeit den Bescheid für die Zukunft aufzuheben ?
Denn auch jetzt liegt übersteigendes Vermögen vor, oder eventuell doch auch für die Vergangenheit ?
Lieben Dank vorab
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo RUDI,
also … wenn die Entscheidung von vornherein falsch war, müssen die Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 SGB X geprüft werden … ob die doch recht komplizierten Regelungen ein Vertrauen rechtfertigen können muss geklärt werden … aber dann stellt sich doch die Frage, warum hat der Leistungsempfänger oder auch der Betreuer den Antrag zum Erhalt der Leistungen gestellt hat?
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Dieter says
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Nippel,
ich beziehe seit fast 10 Jahren Unterstützung nach SGB XII. Jetzt habe ich einen mittelgroßen
Lottogewinn gemacht. Muss ich mit Rückforderungen von Seiten des Sozialamtes rechnen?
Danke für Ihre Antwort.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Dieter,
meines Erachtens lagen die Voraussetzungen für den Erhalt der Leistungen bis zum Zeitpunkt des Erhalts des Lottogewinns vor. Für eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung für die Vergangenheit liegt dann kein Grund vor. Ab dem Zufluss des Gewinns werden dann die Leistungen aufgehoben …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt