Die Sozialgerichtsbarkeit wird durch unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere Verwaltungsgerichte ausgeübt, § 1 Unabhängige Verwaltungsgerichte
Die Sozialgerichtsbarkeit wird durch unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere Verwaltungsgerichte ausgeübt.
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 1 SGG.
1. gesetzlich zugewiesene Zuständigkeiten
Für welche Angelegenheiten sind die Sozialgerichte zuständig?
Die Sozialgerichte sind nicht für alle sozialrechtlichen Streitigkeiten zuständig. Nur in den abschließend in § 51 Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausdrücklich bestimmten Fällen ist das Sozialgericht zuständig.
Deshalb sind z. B. für Angelegenheiten der Bundesausbildungsförderung, des Wohngeldes und des Kinder- und Jugendhilferechts nach dem SGB VIII weiterhin die Verwaltungsgerichte auf Grund des § 40 VwGO zuständig. Hier gelten dann nicht die Regelungen des SGG, sondern die der VwGO.
Angelegenheiten des BSHG und des Asylbewerberleistungsgesetzes wurden durch die Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG 2005 auch auf die Sozialgerichte übertragen.
Nachfolgend habe ich die Zuständigkeitsregelungen des § 51 SGG abgedruckt:
- (1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
- 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
- 2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
- 3. in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
- 4. in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
- 4a. in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
- 5. in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
- 6. in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
- 6a. in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
- 7. bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 69 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
- 8. die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
- 9. (weggefallen)
- 10. für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.
- (2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. S. 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.
- (3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.
Bei den Sozialgerichten sind gemäß § 10 SGG – Fachkammern
(1) Bei den Sozialgerichten werden Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich …
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGG Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende, für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts sowie nach § 10 SGG – Fachkammern
(1) …
(2) Für Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände sind eigene Kammern zu bilden. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 10 Abs. 2 Satz 1 SGG kann man für Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände zu bilden. Weiterhin können eigene Kammern für Angelegenheiten der Knappschaft Versicherung einschließlich der Unfallversicherung für den Bergbau gebildet werden. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 haben die Länder dann auch die Möglichkeiten, den Bezirk einer Kammer auf andere Sozialgerichte zu erstrecken.
Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzer tätig, § 12 SGG – Besetzung der Kammern
(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. …
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG.
2. sachliche Zuständigkeit
Welches Sozialgericht ist zuständig?
Sachlich sind gemäß § 8 sachliche Zuständigkeit
Die Sozialgerichte entscheiden, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit offensteht.
1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 8 SGG die Sozialgerichte im ersten Rechtszug zuständig.
Eine Ausnahme für den ersten Rechtszug enthält u. a. § 38 S. 2 S. 2 SGG. Das Bundessozialgericht ist für Bund-Länder-Streitigkeiten zuständig. Das Landessozialgericht ist erstinstanzlich u. a. für Klagen gegen Landesschiedsämter nach dem SGB V sowie für Klagen gegen Schiedsstellen nach § 120 Abs. 4 SGB V, § 76 SGB XI und 80 SGB XII zuständig.
Für Berufungsverfahren ist in der Regel das Landessozialgericht zuständig.
3. örtliche Zuständigkeit
Welches Sozialgericht ist örtlich zuständig?
Die grundlegende Regelung zur örtlichen Zuständigkeit enthält § 57 örtliche Zuständigkeit
(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 57 SGG.
Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen, § 57 Abs. 1 S. 1 SGG. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist, § 57 Abs. 1 S. 2 SGG.
Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzer tätig, § 12 Abs. ein Satz 1 SGG.
Statistische Daten zu den Sozialgerichten bespreche ich in dem folgenden Beitrag:
Weitere statistische Daten zu Sozialgerichten – insbesondere zu den Sachgebieten Hartz 4 und Schwerbehindertenrecht – finden Sie auch in den folgenden Beiträgen:
- Hartz 4 – statistische Daten und Fakten
1. Leistungsberechtigte … | 2. Zahl der Bedarfsgemeinschaften … | 3. Zahlungsansprüche der Bedarfsgemeinschaften … | 4. Widerspruchsverfahren … | mehr
- Statistiken zum Schwerbehindertenrecht und zum Verfahren …
1. allgemeine statistische Daten zur Schwerbehinderung … | 2. Daten zum Verwaltungsverfahren … | 3. Widerspruchsverfahren | … 4. Klageverfahren …| mehr
Zur Untätigkeitsklage siehe auch den Beitrag:
Hilgardth, Alexander says
Ob eine Untätigkeits-, Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage wegen der Anerkennung der außerhalb Bundes-republik Deutschland (Ostblockstaaten) zurückgelegten Rentenversicherungszeiten nach § 1 a des Fremdrenten-gesetzes (FRG) gehört das Fremdrentenrecht ausdrücklich nicht zu den Zuständigkeitsregelungen des § 51 SGG. Der Sozialrechtsweg ist also nicht eröffnet, obwohl das Bundessozialgericht mit seiner Entscheidung B 5 RJ 54/04 R vom 21.03.2006 anders entschieden hat. Gehört zu den oben genannten Ausnahmen wie Bundesausbildungs-förderung u.a. auch das Fremdrentenrecht zur Verwaltungsgerichtsbarkeit?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Hilgarth,
bitte nicht böse sein – aber irgendwie verstehe ich den Sinn des 1. Satzes nicht
„… ob eine Untätigkeits-, Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ??? …“
Grüße
Sönke Nippel
Hilgardth, Alexander says
Sehr geehrter Herr Nippel,
gemeint ist das Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit. Egal was für eine Klage in Aussicht gestellt wird, Untätigkeits- und unter Umständen gleichzeitig Anfächtungs- oder Verpflichtungsklage, diese wird vom Gericht als unzulässig abgewiesen, da das Fremdrentenrecht und dazugehöriges Recht aus dem Bundesvertriebenengesetz nicht zu
den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gemäß § 51 SGG zählen. Gehört der Fall zur Verwaltungsgerichtsbarkeit?
War die von mir genannte Entscheidung des Bundessozialgerichts ein Ausnahmefall?
MfG
Al. Hilgardth