Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 SGB II / § 35 SGB XII – Wohnfläche, Mietspiegel & Rechtsprechung

Beitrag vom 22.11.2012, aktualisiert am 18.10.2025

VG Wort - Zählpixel„Angemessene“ Kosten der Unterkunft (KdU) sind die Aufwendungen bis zur Grenze dessen, was am örtlichen Wohnungsmarkt für einfachen Standard verfügbar ist, § 22 SGB II / § 35 SGB XII. Zunächst werden die tatsächlichen Kosten ersetzt. Nach Ablauf der Karenzzeit und nach einer Kostensenkungsaufforderung muss die Behörde nur noch die Kosten für Wohnraum oberhalb des „einfachen Standards“ tragen.

Es stellt sich also die Frage: Welche Kosten sind angemessen?

  • I. Grundlagen & Rechtsrahmen
  • II. „Schlüssiges Konzept“ & Mietspiegel
  • III. Wohnfläche & Wohnungsgrenzen
  • IV. WoGG-Fallback & Sicherheitszuschlag
  • V. Praxis: Checkliste & Nachweise
  • VI. Häufige Fragen (FAQ)
  • VII. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen

I. Grundlagen & Rechtsrahmen

Maßstab für die Bestimmung, welcher Wohnraum angemessen ist, ist der untere Wohnungsmarkt einfachen Standards im richtigen Vergleichsraum. Die Behörde muss dazu tragfähige, aktuelle Daten nutzen und diese transparent machen. Es müssen also Statistiken zu den Mietpreisen erstellt und bewertet werden. Ohne belastbare Datengrundlage sind Kürzungen aufgrund Mietpreisgrenzen, die nicht auf einer tragfähigen Grundlage beruhen, angreifbar.

Das Bundessozialgericht hat Mindestvoraussetzungen zur Bestimmung der Angemessenheit im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes aufgestellt (vgl. dazu u. a. BSG, 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R; B 4 AS 77/12 R). Die Vorgaben des BSG sind gesetzlich nicht im Einzelnen geregelt. Sie dienen dazu, den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit auszugestalten.

BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R, B 4 AS 77/12 R, Rdnr. 27
Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen.

Dabei dürfen allerdings nicht zu enge Maßstäbe angelegt werden. So betont das Bundessozialgericht, dass z. B. die Ermittlung der angemessenen Kosten allein auf der Basis von Angebotsmieten nicht schon rechtswidrig ist.

s. o. BSG, Leitsatz
Der Schlüssigkeit eines Konzepts für die Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft steht nicht grundsätzlich entgegen, dass die Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete allein auf der Erhebung von Angebotsmieten beruht.

Karenzzeit: In den ersten 12 Monaten des Bürgergeldbezugs werden die tatsächlichen KdU regelmäßig übernommen. Danach gelten wieder die Angemessenheitsgrenzen. Heizkosten sind nur insoweit zu tragen, wie sie nicht offensichtlich unangemessen sind.

II. „Schlüssiges Konzept“ & Mietspiegel

Die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten gehört also zu den zentralen Aufgaben Grundsicherungsträger. So legen die Kommunen Höchstwerte für die von ihr höchstens zu übernehmenden Kosten der Unterkunft fest. Für rechtssichere Richtwerte ist ein schlüssiges Konzept erforderlich.

Das schlüssige Konzept muss den gesamten einfachen Markt im Vergleichsraum abbilden (aktuelle, nachvollziehbare Methode; keine „Rosinen“). Das BSG lässt einfache/qualifizierte Mietspiegel zu, wenn hieraus grundsicherungsspezifische Schlüsse möglich sind (BSG, 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R).

BSG vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, 2. Leitsatz
  • 2. Die Auswertung eines nach verschiedenen Baualtersklassen, Wohnlagen und Ausstattungsgraden ausdifferenzierten qualifizierten Mietspiegels als Grundlage zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft muss gewährleisten, dass ein einzelner Wert entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt.

III. Wohnfläche & Wohnungsgrenzen

Für die abstrakte Angemessenheit sind u. a. Wohnungsgröße, Standard und Vergleichsraum maßgeblich.

In NRW gilt für einen Ein-Personen-Haushalte i. d. R. 50 m² (seit 01.01.2010) – bestätigt durch das BSG (BSG, 16.05.2012 – B 4 AS 109/11 R).

BSG, 16.05.2012, B 4 AS 109/11 R, Rdnr. 18
[18] 3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen ist. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist – entsprechend der vom LSG vorgenommenen Auslegung des Landesrechts – in Nordrhein-Westfalen ab dem 1.1.2010 auf die in Nr 8.2 der WNB (MBl NRW 2010, 1) festgesetzten Werte zurückzugreifen. Diese sehen für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor. …

Für jede weitere Person werden 15 m² anerkannt.

Besonderer Raumbedarf

Behinderungs-/pflegebedingter Mehrbedarf (z. B. Raum für eine Betreuungsperson) sowie Umgangsmehrbedarf beim umgangsberechtigten Elternteil sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen.

In WGs/Untermiete wird regelmäßig nach anteiligen Kosten beurteilt. Maßgeblich sind die tatsächlichen Zahlungen und – soweit relevant – die anteilige Fläche.

IV. WoGG-Fallback & Sicherheitszuschlag

Fehlt ein tragfähiges Konzept oder bildet es den Markt erkennbar nicht ab, können ersatzweise die WoGG-Werte mit einem sachgerechten Sicherheitszuschlag herangezogen werden.

WoGG + Zuschlag ersetzt kein Marktmonitoring: Es muss (auch dokumentiert) möglich sein, Wohnungen einfachen Standards zu den so ermittelten Werten tatsächlich anzumieten.

Vertiefend zur Berechnung des Wohngeldes und insbesondere zu den Mietenstufen im WoGG:

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V. Praxis: Checkliste & Nachweise

Wenn Sie der Auffassung sind, dass im unteren Preissegment einfach keine Wohnung innerhalb der als angemessen angesehenen Kosten angeboten werden, so empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

  1. Bescheide/Fristen sichern (Begründungsbausteine, Beträge, Fristläufe).
  2. Marktlage belegen (wöchentliche Screenshots im unteren Segment, Filter dokumentieren).
  3. Suche nachweisen (Exposés, Anfragen, Absagen; Kontaktprotokoll).
  4. Konzept prüfen (Vergleichsraum, Datenbasis, Aktualität, Bruttokalt).
  5. Rechtsmittel (gegen den Kürzungsbescheid Widerspruch und ggf. Eilverfahren; Altfälle über Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X). Hinweis: Gegen die Kostensenkungsaufforderung selbst ist kein Rechtsbehelf zulässig.

Vertiefend zur Kostensenkungsaufforderung

  • Kostensenkungsaufforderung Jobcenter (§ 22 SGB II) – Fristen, Rechte & Karenzzeit

    Kostensenkungsaufforderung nach § 22 SGB II: Fristen, Karenzzeit im Bürgergeld, keine Anfechtung als Verwaltungsakt. Was tun bei Kürzung der Miete?

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Schritt-für-Schritt-Anleitung für einen Widerspruch gegen das Jobcenter

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VI. Häufige Fragen (FAQ)

  • Welche m² sind „angemessen“?
    In NRW i. d. R. 50 m² (1-Person-HH) +15 m² je weitere Person; Besonderheiten können die Grenze erhöhen (Behinderung, Umgang).
  • Ohne schlüssiges Konzept gekürzt?
    Kürzungen sind angreifbar; ggf. WoGG-Werte mit Sicherheitszuschlag als Ersatzmaßstab heranziehen.
  • Bruttokalt oder Nettokalt?
    Bruttokalt ist maßgeblich (ohne Heizung). Falsche Basis → Einwand erheben.
  • Gilt die Angemessenheit in der Karenzzeit?
    In den ersten 12 Monaten werden die tatsächlichen KdU regelmäßig übernommen; danach gelten wieder die Angemessenheitsgrenzen. Heizkosten nur, soweit nicht offensichtlich unangemessen.

VII. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen

Weiterführend zu angemessenen Kosten der Unterkunft, angemessenen Heizkosten und Betriebskostennachzahlungen:

  • Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 SGB II / § 35 SGB XII – Wohnfläche, Mietspiegel & Rechtsprechung 1

    Remscheid: Angemessene KdU, „schlüssiges Konzept“ & Kostensenkung (Praxis & Urteil)

    KdU in Remscheid rechtssicher durchsetzen: Angemessenheitsgrenzen, „schlüssiges Konzept“, WoGG-Fallback, Umgang mit Kostensenkungsaufforderungen – inkl. SG Düsseldorf (2019) & Checkliste | mehr

  • Thermostat und Rechner auf Nebenkostenabrechnung

    angemessene Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 SGB II

    1. Angemessene Heizkosten ... | 2. Weiterzahlung der unangemessenen Kosten ... | 3. Kosten­senkungs­obliegen­heit, Kostensenkungs­auffor­derung ... | mehr

  • Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 SGB II / § 35 SGB XII – Wohnfläche, Mietspiegel & Rechtsprechung 2

    Betriebskostennachzahlung & Guthaben im SGB II – Anspruch auf Kostenübernahme

    Betriebskostennachzahlung und Guthaben im Bürgergeld: Wann muss das Jobcenter zahlen? Voraussetzungen, Ausnahmen & aktuelle BSG-Urteile im Überblick. | mehr

Siehe auch:
§ 22 SGB II · § 35 SGB XII · § 44 SGB X


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Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 SGB II / § 35 SGB XII – Wohnfläche, Mietspiegel & Rechtsprechung

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