Nr. 3102 VV-RVG – Verfahrensgebühr
(4 Beiträge zum Stichwort "Nr. 3102 VV-RVG – Verfahrensgebühr")
1. Gesetzestext (Stand: 30.09.2025)
| 3102 | Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) | 65,00 € bis 719,00 € |
👉 enthalten in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG
2. Kommentierung
Einordnung & Abgrenzung
Nr. 3102 VV-RVG betrifft die Verfahrensgebühr vor den Sozialgerichten in Angelegenheiten, in denen Betragsrahmengebühren anfallen. Grundlage ist § 3 RVG, der vorsieht, dass in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen das Gerichtskostengesetz nicht zur Anwendung kommt, Betragsrahmengebühren entstehen. Die Gebühr entsteht für die gesamte Tätigkeit des Anwalts im gerichtlichen Verfahren, angefangen bei der Antragstellung bis hin zur letzten prozessualen Handlung, also z. B. auch für Schriftsätze, Besprechungen und vorbereitende Maßnahmen.
Liegen Wertgebühren zugrunde (Spezialfälle, etwa bei Kostenverfahren), greift hingegen Nr. 3100 VV-RVG. Damit markiert Nr. 3102 den Normalfall für Klagen vor den Sozialgerichten.
Die aktuelle Mittelgebühr beträgt 392,00 €. Sie bildet den Ausgangspunkt der Bemessung.
Abweichungen sind nach den Kriterien des § 14 RVG möglich und müssen im Zweifel begründet werden. Die Verfahrensgebühr ist eine der zentralen Gebühren im sozialgerichtlichen Verfahren und hat daher in der Praxis hohe Bedeutung für die Abrechnung.
Anrechnung & Zusammenspiel mit Nr. 2302 VV-RVG
Ein wichtiges Merkmal ist das Zusammenspiel mit der außergerichtlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV-RVG. Beide Gebühren können nebeneinander entstehen, wenn der Anwalt zunächst außergerichtlich tätig wird und anschließend Klage erhebt. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG ist die Geschäftsgebühr aber zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.
Bei Betragsrahmengebühren ist der Anrechnungsbetrag zudem auf maximal 207,00 € begrenzt. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Berechnung der Verfahrensgebühr zunächst die angemessene Höhe nach § 14 RVG bestimmt wird und anschließend die hälftige Geschäftsgebühr in Abzug gebracht wird. Eine saubere Dokumentation der Berechnung ist hier besonders wichtig, da gerade bei Beratungshilfe- oder PKH-Mandaten die Rechtspfleger auf die korrekte Anrechnung achten.
Verschiedene Angelegenheiten
Nach § 17 RVG sind bestimmte Verfahrensabschnitte als verschiedene Angelegenheiten zu behandeln.
Dazu gehören etwa das ursprüngliche Verwaltungsverfahren, ein gegebenenfalls nachgeschaltetes Widerspruchsverfahren sowie das gerichtliche Klageverfahren.
Für jede dieser Angelegenheiten entsteht eine eigene Verfahrensgebühr.
Dies gilt auch für weitere gerichtliche Rechtszüge: eine Klage vor dem Sozialgericht löst eine Gebühr nach Nr. 3102 aus, ein Berufungsverfahren vor dem LSG eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3202, usw. Für die Abrechnungspraxis ist daher entscheidend, die einzelnen Angelegenheiten klar voneinander abzugrenzen und in der Kostenaufstellung getrennt auszuweisen.
Bemessung nach § 14 RVG
Innerhalb des Rahmens orientiert sich die konkrete Gebühr an den Kriterien des § 14 RVG.
Maßgeblich sind insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Sache für den Mandanten, dessen wirtschaftliche Verhältnisse sowie das Haftungsrisiko des Anwalts.
Im sozialgerichtlichen Alltag kann die Spannweite sehr groß sein: von der einfachen Untätigkeitsklage mit kurzer Begründung bis hin zu komplexen Verfahren mit umfangreicher Aktenlage, zahlreichen medizinischen Gutachten und mehreren Terminen.
Bei durchschnittlichen Verfahren ist die Mittelgebühr sachgerecht. Abweichungen nach oben oder unten sollten in der Handakte kurz dokumentiert werden, um später gegenüber Gericht oder Kostenbeamten die Angemessenheit belegen zu können.
Praxis-Hinweise
Für die Abrechnungspraxis sind mehrere Punkte relevant:
Dokumentation: Eine kurze Begründung zu Umfang, Schwierigkeit oder Bedeutung erleichtert die Anerkennung einer über oder unter der Mittelgebühr liegenden Abrechnung.
Mehrere Auftraggeber: Die Gebühr erhöht sich um 30 % je weiterer Person, vgl. Nr. 1008 VV-RVG.
Kombination mit Auslagen: Zusätzlich zur Verfahrensgebühr können Auslagen nach Nr. 7002 VV-RVG pauschal oder nach Nr. 7001 VV-RVG konkret abgerechnet werden.
PKH-Mandate: In Prozesskostenhilfe-Fällen ist auf eine transparente Berechnung zu achten; die Gerichte prüfen hier besonders streng.
Insgesamt bildet die Verfahrensgebühr den Kern der Vergütung im sozialgerichtlichen Verfahren. Sie entscheidet über die wirtschaftliche Tragfähigkeit vieler Mandate und muss daher mit Sorgfalt berechnet werden.
Nr. 3106 VV-RVG (SG-Terminsgebühr) ·
Nr. 2302 VV-RVG (Geschäftsgebühr) ·
Nr. 1008 VV-RVG (Mehrere Auftraggeber) ·
§ 17 RVG (verschiedene Angelegenheiten) ·
§ 14 RVG (Bemessung)
3. Beitragsliste (Zitatstellen)
👇 In diesen Beiträgen wird Nr. 3102 VV-RVG erwähnt:
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